Leitsatz
Bei der Gewährung des Behindertenpauschbetrags nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG sowie bei nachgewiesenem Mehrbedarf ist gezahltes Pflegegeld anzurechnen. Der durch die Hilflosigkeit eines schwerstbehinderten Kindes verursachte und durch Eigenleistung erbrachte behinderungs-bedingte Mehrbedarf ist zu schätzen.
Sachverhalt
Der im Jahr 1971 geborene Sohn der Klägerin erlitt im Jahr 1996 einen schweren Autounfall, in dessen Folge er zu 100 % schwerbehindert und hilflos ist und dadurch ständiger Betreuung bedarf. Den Antrag auf Gewährung von Kindergeld lehnte die Familienkasse ab. Begründung: Der Lebensbedarf des Kindes sei mit 15.660 EUR (Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG i. H. von 7.680 EUR zuzüglich gezahltes Pflegegeld i. H. von 7.980 EUR) anzusetzen und die tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel i. H. von 19.362 EUR überschritten diesen Betrag. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, dass der Sohn außer Stande sei sich selbst zu unterhalten, da seine eigenen finanziellen Mittel nicht ausreichten, den existenziellen Lebensbedarf zu decken.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG begründet die von der Klägerin in der eigenen Wohnung durchgeführte Pflege des Sohnes einen Mehrbedarf im Sinne eines Einzelnachweises, der mit dem Grundbedarf nach § 32 Abs. 4 EStG i. H. von 7.680 EUR zusammengerechnet einen Betrag ergibt, der die jährlichen Bezüge des Sohnes übersteigt. Mangels anderer Erkenntnismöglichkeiten über den Wert der von der Klägerin erbrachten Pflegeleistung ist es sachgerecht, den Betrag anzusetzen, den dritte Personen (insbesondere ein Pflegedienst) in Rechnung stellen würden (so bereits im Leitsatz: BFH, Urteil v. 24.08.2004 VIII R 50/03, BFH/NV 2004, 1719). Nach diesen Grundsätzen hat das Gericht keine Bedenken, als Schätzungsgrundlage den von der Klägerin eingereichten Kostenvoranschlag eines Pflegedienstes vom 25.09.2002 heranzuziehen. Hiernach hätte die Klägerin für die Grundversorgung ihres Sohnes einen Monatsbetrag von 2.085,72 EUR bezahlen müssen. Das Gericht berechnet den durch Eigenleistung bei der Pflege bedingten monatlichen Mehrbedarf auf 1.420 EUR (2.085 EUR - 665 EUR). Dies ergibt einen jährlichen Mehrbedarf von 17.040 EUR. Rechnet man zu diesem Betrag den Grundbedarf von 7.680 EUR hinzu, wird augenfällig, dass die Bezüge des Sohnes in Höhe von 19.162 EUR zur Begleichung seines existenziellen Lebensbedarfs nicht ausreichen.
Hinweis
Das Urteil des FG ist rechtskräftig. In vergleichbaren Fällen sollte daher unter Hinweis auf dieses Urteil die Festsetzung des Kindergeldes beantragt werden.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 08.10.2008, 5 K 1938/07