Rz. 9
Nach Abs. 3 wird mit dem Kriterium der Zumutbarkeit ein gesetzliches Korrektiv vorgesehen. Die Zumutbarkeit stellt sicher, dass die an objektivierbaren Kostengesichtspunkten orientierte Angemessenheitsobergrenze nach Abs. 2 im Einzelfall nicht zu unverhältnismäßigen Ergebnissen der Angemessenheitsprüfung führt. Bei einer individuell-konkreten Betrachtung der Lebenssituation der Menschen müssen alle Umstände gewürdigt werden, die den zuvor in Abs. 2 geregelten Kostenvergleich in den Hintergrund treten lassen. Hierbei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände, wie z. B. Alter, berufliche Tätigkeit, Familie und Partnerschaft, besonders zu würdigen (Satz 2). Im Gesetzgebungsverfahren ist Satz 2 neu gefasst worden. Im Ergebnis ist dabei eingefügt worden, dass bei der Summe aller bei der Würdigung des Einzelfalls zu berücksichtigenden Umstände auch die Wohnform eine Rolle spielt. (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 18/10523, zu Nr. 1 Buchst. v Doppelbuchst. bb Dreifachbuchst. aaa). Damit wird der gewünschten Wohnform im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung eine besondere Bedeutung zugemessen. Zudem wird zum Ausdruck gebracht, dass die individuelle Lebenssituation im Rahmen der Angemesssenheitsprüfung nachdrücklich und eigens gewürdigt werden soll.
Rz. 10
Im Gesetzgebungsverfahren sind nach Satz 2 die Sätze 3 und 4 eingefügt worden (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 18/10523, zu Nr. 1 Buchst. v Doppelbuchst. bb Dreifachbuchst. aaa).
Satz 3 misst dem Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen, in denen ausschließlich Menschen mit Behinderungen betreut werden, eine besondere Bedeutung zu. Ziel war es, im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention die Schaffung inklusiver Angebote zu unterstützen, in denen Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung und inklusiv ausgerichteten Wohnangeboten für Menschen mit und ohne Behinderungen führen können. Wenn also ein Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen in Betracht kommt, ist dem Wohnen außerhalb solcher besonderen Wohnformen der Vorzug zu geben, wenn im Rahmen der Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung das Wohnen in und außerhalb von besonderen Wohnformen gleich bewertet wird und der Leistungsberechtigte dies wünscht.
Rz. 11
Mit Satz 4 ist eine Regelung zu Assistenzleistungen im Bereich der Gestaltung sozialer Beziehungen und der persönlichen Lebensplanung getroffen worden. In diesem Fall sind die im Zusammenhang mit dem Wohnen stehenden Assistenzleistungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 2 nicht gemeinsam zu erbringen, wenn die leistungsberechtigte Person dies ausdrücklich wünscht. Mit dieser Regelung wurde Bedenken der Behindertenbewegung ausdrücklich Rechnung getragen, dass ein "Poolen", d. h. eine Verpflichtung zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Assistenzdienstleistungen in den Bereichen der persönlichen Lebensgestaltung nicht in Betracht kommen dürfe. Dies widerspreche auch dem Schutz der Privatsphäre. Damit wurde das Wunsch- und Wahlrecht weiter gestärkt.
Rz. 12
Satz 5 bestimmt, dass ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen ist, wenn eine abweichende Leistungsgestaltung unzumutbar ist. Dabei ist auch die bisherige Leistungsgewährung nach dem SGB XII zu berücksichtigen. Was bisher als angemessen angesehen wurde, soll auch nach dem neuen Recht des SGB IX angemessen sein. Damit werden Personen, die nach dem bisherigen Recht ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten haben, auf Wunsch auch weiterhin in der bestehenden Wohnform leben können.