Leitsatz
1. Zwischenberechtigte i.S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG sind alle Personen, die während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten.
2. Der Besteuerung ausgeschütteter Vermögenserträge steht nicht entgegen, dass der Berechtigte bereits vor Änderung der Rechtslage durch das StEntlG 1999/2000/2002 einen gesicherten Anspruch auf Ausschüttung aller künftigen Trusterträge erlangt hatte.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nrn. 8 und 9 ErbStG
Sachverhalt
Zugunsten der Steuerpflichtigen hatte deren Großmutter 1983 einen Trust nach US-amerikanischem Recht begründet (Alt-Trust). Der Steuerpflichtigen sollte mit Vollendung ihres 21. Lebensjahrs (im Jahr 1998) der gesamte Nettoertrag ausgezahlt und das Trustvermögen nach ihrem Ableben deren Erben zufallen. Die Steuerpflichtige selbst errichtete 1997 einen eigenen Trust (G-Trust), dessen alleinige Begünstigte sie selbst war. In der Folgezeit wurden die laufenden Erträge sowie Teile des Vermögens des Alt-Trusts an den G-Trust ausgeschüttet.
Das FA setzte gegen die Steuerpflichtige für einen vom Alt-Trust an den G-Trust am 2.2.2000 ausgezahlten Betrag, der teilweise aus den Vermögenserträgen und teilweise aus der Vermögenssubstanz erfolgte, Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.7.2010, 7 K 37/07, Haufe-Index 2516504, EFG 2011, 162).
Entscheidung
Der BFH hat aus den dargestellten Gründen die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
Seit dem Jahr 1999 ist die Übertragung von Vermögen auf eine "Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist", der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterworfen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG). In Ergänzung dazu sind auch der Erwerb solcher Vermögensmassen bei deren Auflösung sowie Erwerbe von Zwischenberechtigten während des Bestehens der Vermögensmasse schenkungsteuerpflichtig (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG). Im Fokus dieser Vorschriften, mit denen der Gesetzgeber Besteuerungslücken schließen und Vollzugsdefizite vermeiden will, stehen vor allem – wie auch im Urteilsfall – Trusts nach angloamerikanischem Recht. Insoweit hat der BFH einige Grundsatzfragen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zwischenberechtigten geklärt.
1. Bei einem Trust ist die vorausgesetzte Vermögensbindung anzunehmen, wenn der Errichter bestimmt hat, dass die Verwalter des Trusts das Vermögen im Interesse der später Begünstigten verwalten und auf diese im Rahmen einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Vermögensnachfolge übertragen sollen. Ob eine solche Vermögensbindung auch bei einem Trust mit Widerrufsmöglichkeit ("revocable trust") vorliegt, hat der BFH ausdrücklich offengelassen.
2. Zwischenberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG sind alle Personen, die während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten. Dazu gehören auch Endberechtigte eines von einem Dritten errichteten Trusts. In diesem Fall ändert sich an der Zwischenberechtigung auch dann nichts, wenn der Endberechtige die Ausschüttungen aus dem Trust in einen vom ihm errichteten weiteren Trust einbringt.
Der "Erwerb" des Zwischenberechtigten erstreckt sich sowohl auf die vom Trust ausgeschüttete Vermögenssubstanz als auch auf die ausgeschütteten Vermögenserträge ("income").
3. Erwerbe sind auch dann nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG zu besteuern, wenn Zwischenberechtigte bereits vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung dieser Vorschrift – d.h. bis zum 4.3.1999 (§ 37 Abs. 1 ErbStG a.F.) – einen unentziehbaren Anspruch auf die Trusterträge erlangt hatten. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG unterwirft nach seiner eindeutigen Zielsetzung nur künftige Erwerbe der Besteuerung. Damit liegt keine unzulässige steuerliche Rückwirkung vor. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob ein Trust bei Inkrafttreten dieser Regelung bereits bestand.
4.§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG setzt auch nicht voraus, dass bereits die Errichtung des Trusts nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG besteuert wurde. Eine im Zusammenspiel dieser Vorschriften erfolgende doppelte Besteuerung wäre sicherlich problematisch. Ob hierfür eine Lösung nach dem Modell des § 6 Abs. 3 Satz 2 ErbStG erfolgen könnte, lässt der BFH ausdrücklich offen. Jedenfalls stellt sich die Problematik dann nicht, wenn – wie im Streitfall – die Errichtung der Vermögensmasse tatsächlich nicht der Besteuerung unterlag.
5. Der BFH brauchte sich nicht mit der Frage zu befassen, ob zusätzlich auch noch die Ausschüttungen seitens des A-Trusts an den G-Trust nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG und ferner auch die Auszahlungen aus dem G-Trust an die Steuerpflichtige Alt-Trusts schenkungsteuerbar waren. Dies hatte das FA tatsächlich angenommen und damit die Ausschüttungen aus dem A-Trust letztlich einer dreifachen (!) Besteuerung unterworfen. Den Klagen gegen die entsprechenden Steuerbescheide für die beiden letztgenannten Vorgänge ...