Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Handauflegen keine Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes
Leitsatz (amtlich)
Für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG reicht eine bestandene Prüfung zum Heilpraktiker (oder ein entsprechend anerkennungsfähiger ausländischer Prüfungsabschluss) nicht aus; erforderlich ist grds. eine Tätigkeitserlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 07. Februar 2013, V R 22/12, BStBl II 2014,126). Eine Tätigkeit als "Heiler" (Handauflegen) ist keine Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers gemäß § 4 Nr. 14 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer (USt) befreit ist.
Der Kläger erbrachte in den Streitjahren Leistungen gegenüber Menschen, die verschiedene Leiden wie z.B. Warzen, Gürtelrosen, Rauchergewöhnung, Raucherbeine, Rückenprobleme, Herzerkrankungen oder Übergewicht hatten. Die Tätigkeit des Klägers erfolgte dabei dergestalt, dass er sich die Leiden der Menschen erklären ließ und dann seine Hand auf eine bestimmte Stelle legte, welche er nach dem erläuternden Gespräch mit dem Patienten für die richtige hielt. Durch dieses Handauflegen sollte die Heilung bzw. Linderung des jeweiligen Leidens herbeigeführt werden. Dabei kam es vor, dass die Menschen teilweise mehrere Sitzungen brauchten; teilweise gab es auch Patienten, die regelmäßig zum Kläger kamen, damit er ihr Leiden "in Schach" hielt. Der Kläger erhielt für seine Leistungen keine Erstattungen von den Krankenversicherungen. Die Leistungen sind nicht in den Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses gem. § 92 SGB V erfasst; auch ansonsten bestehen in Ansehung seiner Tätigkeiten keine Beziehungen des Klägers zu den Krankenkassen (§ 69 ff. Sozialgesetzbuch V -SGB V-, § 124 SGB V, § 111 SGB V).
Die Fähigkeit des Klägers, Leiden von Menschen durch das Auflegen seiner Hände zu lindern bzw. zu beseitigen ist eine Fähigkeit, welche er nach eigenen Angaben geerbt habe, bzw. welche man als Gabe Gottes beschreiben könne und deren Ursprung er nicht weiter erkenne. Ausweislich einer Auftragsbestätigung vom 22. September 2008 warb der Kläger in den Gelben Seiten (Regionalteil für A) als "Heiler aus C, bekannt durch Presse und TV". In einem Beitrag auf einer Internetseite wurde der Kläger als Heiler mit paranormalen Fähigkeiten beschrieben, durch welche er sich einen Namen als Wunderheiler gemacht habe, der Speckröllchen und Verspannungen von Menschen durch Handauflegen vertreibe. In einem Artikel der wissenschaftlichen Zeitung für Parapsychologie aus dem Jahr 2000 wurde dargelegt, dass der Kläger in der Lage sei, bei einem Menschen durch das 15minütige Auflegen der Hände das Hungergefühl zu vertreiben und damit Gewichtsproblemen zu begegnen. Auf Frage, wie sich der Kläger seine Fähigkeiten erkläre, habe er geantwortet, er sei seit Jahren als Geistheiler tätig und könne es nicht erklären; es sei offenbar eine Gabe Gottes mit der er auch Menschen heilen könne.
In seinen Steuererklärungen für die Streitjahre 2006 und 2008 erklärte der Kläger Lieferungen und sonstige Leistungen zum Regelsteuersatz in Höhe von 9.241,00 EUR (2006), 6.537,00 EUR (2007) und 5.146,00 EUR (2008). Umsätze aus der vorbenannten Tätigkeit in Höhe von 21.440,00 EUR (2006), 22.140,80 EUR (2007) und 21.715,20 EUR (2008) behandelte der Kläger als gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Die Steueranmeldungen standen gemäß § 168 Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) gleich.
Bei einer die - vor dem Streitzeitraum liegenden - Jahre 2003 bis 2005 betreffenden Betriebsprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Umsätze des Klägers aus seiner behandelnden Tätigkeit seit 1999 als umsatzsteuerfrei behandelt wurden. Da die Patienten des Steuerpflichtigen sowohl aus gesundheitlichen als auch aus kosmetischen Gründen behandelt worden seien, sei eine Aufteilung vorzunehmen. Der Anteil der nicht medizinisch indizierten Behandlungen - und damit der umsatzsteuerpflichtige Anteil - wurde auf 20.000,00 EUR brutto geschätzt. Das Finanzamt setzte daraufhin für diese Jahre jeweils Nettoumsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 17.241,00 EUR an. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung teilte der Kläger mit, dass 90 % seiner Kunden zu ihm kämen, um abzunehmen. Er habe eine Heilpraktikerausbildung in Polen gemacht, sei jedoch 1981 von dort geflohen und ohne Papiere und Zeugnisse nach Deutschland gekommen. Ihm nachgeschickte Dokumente seien auf dem Postweg verloren gegangen und die Schule, an welcher er den Abschluss gemacht habe, existiere nicht mehr. Vorgelegt wurde eine Übersetzung eines Abschlusszeugnisses aus dem Jahre 1976, ausweislich derer der Kläger den Titel Techniker für Technologie der landwirtschaftlichen Nahrungsmittel in der Fachrichtung Fleischverarbeitung zu führen berechtigt war.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 4. Oktober 2010 fand im November 2010 beim Kläger eine den Stre...