Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Kosten des Vermögensübergangs bei grenzüberschreitender innergemeinschaftlicher Aufwärtsverschmelzung von Tochter-Kapitalgesellschaft auf Mutter-Kapitalgesellschaft. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: X R 27/22)
Leitsatz (amtlich)
Bei grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Aufwärtsverschmelzungen von Tochter-Kapitalgesellschaften auf ihre 100 %ige inländische Mutter-Kapitalgesellschaft ist es mit den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 7 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2009/133/EG vom 19. Oktober 2009 (Fusionsrichtlinie) vereinbar, dass nach nationalem deutschen Umwandlungssteuerrecht die tatsächlich angefallenen Kosten des Vermögensübergangs den steuerfrei zu stellenden Übernahmegewinn mindern und dass vom Übernahmegewinn 5 Prozent als nichtabziehbare Betriebsausgaben dem Steuerbilanzgewinn der Mutter-Kapitalgesellschaft außerbilanziell wieder hinzuzurechnen sind.
Normenkette
UmwStG § 12 Abs. 2 Sätze 1-2; KStG § 8b Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1; EURichtl-2009/133 Art. 7 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtsfrage, ob bei grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Aufwärtsverschmelzungen von Tochter-Kapitalgesellschaften auf ihre 100 %ige inländische Mutter-Kapitalgesellschaft vor dem Hintergrund der Regelungen in Art. 7 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2009/133/EG vom 19. Oktober 2009 (Fusionsrichtlinie) die tatsächlich angefallenen Kosten für die Vermögensübergänge die nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 UmwStG i. V. m. § 8b Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG steuerfrei zu stellenden Übernahmegewinne mindern und ob nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 UmwStG i. V. m. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG pauschal 5 % der positiven Übernahmeergebnisse als nichtabziehbare Betriebsausgaben dem Steuerbilanzgewinn außerbilanziell wieder hinzuzurechnen sind.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine inländische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in O (Deutschland). Sie war im Streitjahr 2010 zunächst Alleingesellschafterin der A-S.p.a. mit Sitz in Italien, der C- S.A.U. mit Sitz in Spanien, der E-Aktiebolag mit Sitz Schweden, der G-Limited mit Sitz im Vereinigten Königreich sowie der I-S.A.S. mit Sitz in Frankreich.
Mit Zustimmungsbeschluss vom 22. Februar 2010 wurde die I-S.A.S. mit Wirkung zum 1. April 2010 unter Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden auf die Klägerin im Wege der Verschmelzung nach französischem Recht ohne Abwicklung aufgelöst. Auf der Grundlage von Verschmelzungsverträgen vom 21. Mai 2010 sowie Zustimmungsbeschlüssen vom 2. Juli 2010 wurden überdies die A-S.p.a., die C-S.A.U., die E-Aktiebolag und die G-Limited im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung mit Wirkung zum 1. April 2010 durch Übertragung ihres gesamten Vermögens unter Auflösung ohne Abwicklung als Ganzes auf die Klägerin verschmolzen. Die grenzüberschreitenden Verschmelzungen wurden in das deutsche Handelsregister eingetragen.
Auf den 1. April 2010 wurden die Vermögensgegenstände und Schulden der genannten Tochter-Kapitalgesellschaften in der Handelsbilanz der Klägerin auf Grundlage der Ausübung eines entsprechenden Wahlrechts nach § 24 UmwG mit ihren Buchwerten fortgeführt. Auch steuerlich übte die Klägerin ein entsprechendes Wahlrecht nach § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG aus und führte die übernommenen Wirtschaftsgüter mit ihren Buchwerten fort. Die sich daraus ergebenden Übernahmeergebnisse wurden nach § 2 Abs. 1 UmwStG aufgrund der steuerlichen Übertragungsstichtage bereits in den Steuerbilanzen für das Streitjahr 2010 berücksichtigt. Im Übrigen wurden die Geschäftsbetriebe der Tochter-Kapitalgesellschaften unverändert in der Form ertragsteuerlicher Betriebsstätten in deren vormaligen Ansässigkeits-Mitgliedstaaten fortgeführt.
Bereits im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung für 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Übernahmegewinne vor dem Hintergrund der Regelungen in Art. 7 Abs. 1 der EU-Richtlinie2009/133/EG vom 19. Oktober 2009 (Fusionsrichtlinie) vollständig steuerfrei zu stellen und daher von den positiven Übernahmeergebnissen nicht pauschal 5 % als nichtabziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell dem Steuerbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen seien.
Der Beklagte veranlagte die Klägerin erstmals mit Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 8. Mai 2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung unter Berücksichtigung der seinerzeit von der Klägerin erklärten Übernahmeergebnisse sowie den damit in Zusammenhang stehenden Kosten der Vermögensübergänge zur Körperschaftsteuer. Dabei berücksichtigte er von den erklärten positiven Übernahmeergebnissen indessen 5 % als nichtabziehbare Betriebsausgaben und rechnete diese dem Steuerbilanzgewinn der Klägerin außerbilanziell wieder hinzu.
Mit Änderungsbescheid vom 24. Mai 2013 änderte der Beklagte den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 8. Mai 2012 - wegen hier nicht weiter streitigen Punkten - ab.
Bei der Klägerin wurde sodann für die Jahre 2009 bis ...