Revision eingelegt (BFH II R 7/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Nachschätzung wegen nachhaltiger Änderung der Nutzungsart
Leitsatz (redaktionell)
Das Finanzamt hat zu Recht eine Nachschätzung abgelehnt, da die Voraussetzungen für eine nachhaltige Änderung der Nutzungsart i.S.d. § 11 Abs. 1 2. Alt. i.V.m. § 2 BodSchätzG nicht vorliegen.
Normenkette
BodSchätzG §§ 2, 11 Abs. 1 Alt. 2; BewG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt, die Flurstücke 21/1, 86/4 und 87/2 des Flur 1 der Gemarkung A im Wege einer Nachschätzung nach dem Grünlandschätzungsrahmen zu bewerten.
Mit Vertrag vom 22. November 2013 erwarben die Klägerin und die Beigeladene aufgrund einer Teilerbauseinandersetzung ca. 16 ha landwirtschaftliche Nutzflächen in den Gemeinden C, F und I. Zum Stichtag 1. Januar 2014 bewertete das Finanzamt die landwirtschaftlichen Nutzflächen in den jeweiligen Gemeinden als Stückländereien. Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin und der Beigeladenen in der Gemeinde F erfasste das Finanzamt 7,0060 ha Ackerland, 1,6785 ha Grünland und 0,0604 ha Hoffläche. Die Nachfeststellung des Einheitswertes gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) erfolgte mit Bescheid vom 3. März 2014. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Einspruch eingelegt. Die im Einheitswertbescheid aufgeführten Nutzungsarten würden nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Bei den streitigen Flurstücken handele es sich um Grünlandflächen und nicht um Ackerflächen. Die Klägerin beantragte eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung gemäß § 22 BewG. Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 deutete das Finanzamt diesen Antrag in einen Antrag auf Nachschätzung um.
Der Schätzungsausschuss des Finanzamtes K stufte am 1. und 2. November 1938 die oben aufgeführten Flurstücke als Acker-Grünland (Wechselland) ein. Die Bodenart wurde als sandiger Lehm der Zustandsstufe 3 eingestuft. Aus dem Durchschnitt der Bodenproben in Verbindung mit dem Ackerschätzungsrahmen ermittelte der Ausschuss eine Bodenzahl von 68, woraus sich aufgrund der Klimaberücksichtigung eine Ackerzahl von 65 errechnete. Die Offenlegung dieser Bodenschätzungsergebnisse erfolgte vom 1. Juli bis 31. Juli 1946. Nach Ablauf der Einspruchsfrist wurden diese Bewertungen rechtskräftig.
Der amtliche Bodenschätzer nahm mit Schreiben vom 23. Juli 2014 wie folgt Stellung:
In § 2 Abs. 2 Satz 1 Bodenschätzungsgesetz (BodSchätzG) werde festgelegt, dass bei der Feststellung der Nutzungsarten von einer der natürlichen Ertragsfähigkeit entsprechenden gemeinüblichen Bewirtschaftung auszugehen sei; abweichende Bewirtschaftungsformen würden unberücksichtigt bleiben. Der Begriff „gemeinüblich“ ziele nun gerade nicht auf die ständige Übung in einer wie auch immer zu fassenden Gegend ab. Vielmehr sei damit eine ordnungsgemäße, dem Stande der Technik entsprechende und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Nutzung gemeint. Zum Beispiel dürfe eine durch Unvermögen des Bewirtschafters oder durch Extensivierungsmaßnahmen hervorgerufene Verwahrlosung von Flächen nicht zu einer Unterbewertung bzw. zu einer natürlichen Ertragsbedingungen nicht entsprechenden Klassifizierung dieser Flächen führen. Umgekehrt gebe es Standorte, die von alters her als Grünland geschätzt seien und inzwischen nachhaltig ackerbaulich genutzt würden. So lange aber die natürlichen Ertragsbedingungen - Bodenaufbau (Schichtprofile Moor/Mineralboden; Mineralboden/Moor), Bodenzusammensetzung (reines Moor oder Mineralboden mit moorigen Anteilen), Stand des oberflächennahen Grundwassers - für Grünland sprechen würden, werde eine Umschätzung solcher Flächen zu Ackerland unterbleiben. Nichts anderes ergebe sich aus dem „Merkblatt über den Aufbau der Bodenschätzung“ vom Bayerischen Landesamt für Steuern aus 02.2009. Hier werde unter Punkt „3. Die Kulturarten“ im Unterpunkt zu Grünland ausgeführt, dass bei der Festlegung der Kulturart Grünland nicht von der tatsächlichen Nutzung zum Zeitpunkt der Schätzung, sondern von der naturgemäßen Nutzung aufgrund der natürlichen Ertragsbedingungen ausgegangen“ werde. Diese durch die Finanzverwaltung geübte Handhabung der Nutzungsartenabgrenzung werde eindeutig bestätigt in dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Mecklenburg-Vorpommern (2 K 61/07 zum BodSchätzG 1934). Es sei sachgerecht und richtig, Ackerland und Grünland entsprechend den natürlichen Standortbedingungen gegeneinander abzugrenzen. „Dabei blieb gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 BodSchätzDB die den natürlichen Ertragsbedingungen nicht entsprechende Nutzung als Ackerweide (hier: Pferdekoppel) zu Recht unberücksichtigt.“
In der Gemeinde F seien seit der Reichsbodenschätzung Veränderungen eingetreten. Es hätten wasserbauliche Maßnahmen stattgefunden, die eine tiefgreifende Entwässerung der als Grünland geschätzten Flächen möglich gemacht hätten. Im Gefolge sei der weit überwiegende Teil der als Grünland geschätzten Flächen nachhaltig, teilweise schon vor Jahrz...