Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungen: Zuordnung des Verzichts auf das Privatliquidationsrecht zur unternehmerischen Sphäre eines Medizinprofessors
Leitsatz (redaktionell)
Die aus Anlass der Versetzung eines Universitätsprofessors und Klinikdirektors gewährte Ausgleichszahlung für den versetzungsbedingten Wegfall der auf beamtenrechtlicher Grundlage gewährten Möglichkeit zur Behandlung von Patienten im Nebenamt (Privatliquidation) ist dann nicht der unternehmerischen Sphäre des Medizinprofessors zuzuordnen, wenn sich die Zahlung in erster Linie als Gegenleistung für die vorzeitige Aufgabe der Position des Klinikdirektors darstellt und sich lediglich der Höhe nach an den bisherigen Einkünften aus freiberuflicher medizinischer Tätigkeit orientiert.
Bei einer unterstellten Zuordnung des Verzichts auf das Privatliquidationsrecht zur unternehmerischen Sphäre des Medizinprofessors greift jedenfalls die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 14 UStG ein, soweit sich der Verzicht ausschließlich auf die Durchführung gemäߧ 4 Nr. 14 UStG steuerbefreiter Umsätze aus ärztlichen Heilbehandlungen bezieht.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 14
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit und Steuerpflicht einer "Entschädigung" für den aus Anlass einer Versetzung des Klägers erklärten Verzicht auf das chefärztliche Privatliquidationsrecht.
Der Kläger war von (…) bis (…) Professor an der Universität. Bis zum (…) war er dienstlich als Direktor der Klinik für (…) tätig. Aufgrund einer ihm als sogen. Altvertragler erteilten beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsgenehmigung war er berechtigt, Patienten stationär und ambulant privat zu behandeln und hierfür zu liquidieren. Dabei dürfte er Einrichtungen, Material und Personal des Universitätsklinikums in Anspruch nehmen und hatte im Gegenzug eine Nutzungsentschädigung abzuführen, welche vom Wissenschaftsministerium auf beamtenrechtlicher Grundlage festgesetzt wurde. Wegen der Einzelheiten seiner ursprünglichen Rechtsstellung zum Land Schleswig-Holstein wird auf den Abschnitt III "Nebentätigkeit in der Krankenversorgung", §§ 7 ff. der Hochschulnebentätigkeitsverordnung - HNtVO - vom 15.12.1989 (GVOBl SH 1989, S. 219 ff.) sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2000 2 C 36/99 - juris - betreffend die privatärztliche Betätigung eines Hochschulprofessors der Medizin in Schleswig-Holstein verwiesen. Die HNtVO wurde in der Folgezeit geändert. Im Zuge von Umstrukturierungen in der Behandlung von Privatpatienten wurde durch Art. 2 des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in der Fassung vom 28.02.2007 unter § 3 Abs. 4 für Altvertragler die folgende Besitzstandsregelung getroffen: "Personen, die aufgrund ihres Dienstverhältnisses zum Klinikum das Liquidationsrecht für die Behandlung von Privatpatienten haben, behalten dieses Recht bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Landesdienst" (GVOBl SH 2007, S. 184, 221).
Der Kläger erzielte aus der Ausübung des vorgenannten Nebentätigkeitsrechts Einkünfte aus freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die entsprechenden Umsätze aus ärztlichen Heilbehandlungen wurden vom Beklagten (Finanzamt - FA) als gemäߧ 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei behandelt.
Am 14.09.2012 trafen die Universität, die Klinik und der Kläger zum Zwecke der Neuorganisation folgende Vereinbarung:
"Präambel
Prof. XY ist Professor an der Universität. Er wird mit Ablauf des (…) in den Ruhestand treten.
Die Parteien vereinbaren auf dieser Grundlage das Folgende:
1. Prof. XY verzichtet mit Ablauf des (…) auf die Leitung der Klinik sowie auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation für die Behandlung ambulanter und/oder stationärer Privatpatienten und Selbstzahler.
2. Die Universität versetzt Prof. XY mit seiner hiermit erteilten Zustimmung mit Wirkung ab dem (…) bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand in eine sektionsübergreifende Einrichtung der Universität, die der Entwicklung von Forschung und Lehre auf dem Gebiet der (…) und ihrer Anwendung in der klinischen Medizin bezweckt. Prof. XY wird in diesem Forschungsbereich wissenschaftlich tätig. Eine Lehrverpflichtung besteht nicht. Er wird seinen Arbeitsplatz in die Einrichtung verlegen.
3. Die Klinik zahlt an Prof. XY als Ausgleich für den Verzicht auf das Recht zur Privatliquidation und sämtlicher sonstiger Prof. XY aufgrund dieser Vereinbarung entstehender finanzieller Nachteile bis zu dem Monat seines Eintritts in den Ruhestand einen Betrag in Höhe von (…) Euro brutto, fällig jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Auf die Zahlung nach Satz 1 eventuell anfallende Steuern trägt Prof. XY.
4. Im Übrigen bleibt die beamtenrechtliche Stellung von Prof. XY unberührt".
Der Kläger reichte die Umsatzsteuererklärung für 2013 am 15.12.2014, für 2014 am 18.01.2016 und für 2015 am 10.01.2017 beim FA ein. Die monatlichen Zahlungen aufgrund des im vorgenannten Vertrag gerege...