Entscheidungsstichwort (Thema)
Akteneinsicht in Testaments-Verwahrungsakte
Normenkette
FamFG §§ 7, 58; GVGEG § 23
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - M vom 31.08.2018 wird aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren.
Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin errichtete am 10. November 1975 mit dem Erblasser, ihrem damaligen Ehemann, ein notariell beurkundetes gemeinschaftliches Testament. Darin setzten die Ehegatten sich gegenseitig zu Erben des Erstversterbenden Ehegatten ein, zur Schlusserbin bestimmten sie die Beteiligte zu 5. S, die leibliche Tochter der Antragstellerin und Adoptivtochter des Erblassers. Die Bestimmungen im Einzelnen ergeben sich aus der Urkundsabschrift Bl. 12 - 14 d.A.
Die Ehe wurde im Jahr 1991 geschieden. Unter Bezugnahme auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments errichtete der Erblasser am 07. Januar 1994 ein notariell beurkundetes weiteres Testament, in dem er seine zweite Ehefrau und ersatzweise deren Söhne aus früherer Ehe zu Erben berief. Auf die Urkunde Bl. 22 - 24 d.A. wird Bezug genommen. Das gemeinschaftliche Testament wurde am 13., das weitere Testament am 16. Juli 2018 eröffnet (Bl. 11, 20 d.A.).
Das gemeinschaftliche Testament hatte sich beim Amtsgericht M in amtlicher Verwahrung befunden. Es wurde nach Eröffnung erneut in amtliche Verwahrung genommen. Hiervon erhielt die Antragstellerin durch das Nachlassgericht am 01. August 2018 Nachricht (Bl. 32 d.A.).
Über ihre Verfahrensbevollmächtigte hat die Antragstellerin Akteneinsicht begehrt (Bl. 35 - 37 d.A.). Das Nachlassgericht übersandte ihr daraufhin die das gemeinschaftliche Testament betreffende Eröffnungsniederschrift vom 13. Juli 2018 (Bl. 38 d.A.). Das Akteneinsichtsgesuch wies es mit Beschluss vom 31. August 2018 zurück (Bl. 41 - 43 d.A.). Die Ablehnung hat es damit begründet, dass Akteneinsicht nur einem Verfahrensbeteiligten oder bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (§ 13 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) gewährt werden könne. Die Antragstellerin berufe sich zu Unrecht darauf, als Erbin Verfahrensbeteiligte zu sein. Das Testament sei aufgrund der Scheidung nicht mehr wirksam (§§ 2268, 2077 BGB). Wenn es in § 2 des gemeinschaftlichen Testaments heiße, dass sich an der gegenseitigen Erbeinsetzung auch im Falle der etwaigen Wiederverheiratung des Überlebenden nichts ändern solle, so liege darin nur der Verzicht auf eine Wiederverheiratungsklausel. Weder nach dem Wortlaut des Testaments noch nach der Rechtslage könne § 2 so ausgelegt werden, dass er auch für den Fall der Scheidung und anschließenden Wiederheirat Bestand haben solle.
Der Beschluss war mit der Rechtsbehelfsbelehrung versehen, dass binnen zwei Wochen Erinnerung beim Nachlassgericht eingelegt werden müsse.
Der Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 07. September 2018 zugestellt worden. Am 20. September 2018 ist ihre Erinnerung beim Nachlassgericht eingegangen. Sie hält daran fest, dass sie als im Testament ausdrücklich benannte Erbin Verfahrensbeteiligte nach § 13 Abs. 1 FamFG sei. Die rechtlichen Schlussfolgerungen zu Inhalt und Wirksamkeit des Testaments änderten an der Beteiligtenstellung nichts. In jedem Fall habe sie berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht im Sinne von § 13 Abs. 2 FamFG, damit sie Gelegenheit erhalte, die Voraussetzungen des § 2268 Abs. 2 BGB darzulegen.
Das Nachlassgericht hat die Erinnerung zunächst dem zuständigen Richter zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 49 d.A.), die betreffende Verfügung jedoch mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 dahingehend berichtigt, dass die Beschwerde dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Die Rechtsmittelbelehrung sei fehlerhaft gewesen; die Beschwerde sei eröffnet. Der Beschwerde werde aus den im Nichtabhilfebeschluss über die Erinnerung genannten Gründe nicht abgeholfen (Bl. 50 f. d.A.).
II. Das Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.
1. Auszulegen ist es allerdings weder als Erinnerung noch als Beschwerde, sondern als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGVG.
Es besteht im Ergebnis Einigkeit, dass einer nicht am Verfahren beteiligten Person ein Beschwerderecht gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Akteneinsicht zusteht. In Zivilverfahren richtet sich die Entscheidung über die Akteneinsicht des Dritten nach § 299 Abs. 2 ZPO; die durch den Vorstand des Gerichts zu treffende Entscheidung stellt nach einhelliger Auffassung eine nach § 23 EGGVG anfechtbare Verwaltungsmaßnahme dar (s. nur Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 12 Rn. 110; Greger in Zöller, 32. Aufl. 2018, § 299 Rn. 6; ebd./Lückemann § 23 EGGVG Rn. 12). Dagegen soll gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene derartige Entscheidung nach herrschender Meinung die Beschwerde nach § 58 FamFG statthaft sein. Es handele sich gegenüber dem Dritten, dem Aktenein...