Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Geht ein Steuerpflichtiger einer freiberuflichen und einer gewerblichen Tätigkeit nach, sind die Überentnahmen für jede Tätigkeit getrennt zu ermitteln. Eine zusammengefasste Ermittlung kommt nur in Betracht, wenn die Tätigkeiten unlösbar miteinander verflochten sind. Eine solche Verflechtung besteht jedoch nicht bei dem Betrieb eines Fitnessstudios und einer Krankengymnastikpraxis, so das FG Baden-Württemberg. Ferner stellt das Gericht fest, dass eine Lebensversicherung auch dann als steuerschädlich verwendet gilt, wenn die Ansprüche ohne Rechtswirksamkeit abgetreten wurden.
Sachverhalt
Der Betreiber mehrerer Fitnessstudios war gleichzeitig Inhaber zweier Krankengymnastik-Praxen. Im Rahmen einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass für die Fitnessstudios Überentnahmen getätigt wurden, in der Folge erhöhte das Finanzamt den Gewinn um nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG. Zudem stellte der Prüfer die teilweise Steuerpflicht von Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung fest. Der Steuerpflichtige vertrat die Auffassung, dass die Ermittlung der Überentnahmen aufgrund der Verflechtungen der Betriebe für alle Betriebe zusammengefasst erfolgen muss. Bei der Lebensversicherung argumentierte er, dass die Abtretung der Ansprüche nicht rechtswirksam erfolgt war.
Entscheidung
Das Finanzamt hat die Überentnahmen korrekt ermittelt. Nach der laufenden BFH-Rechtsprechung kommt es bei der Bestimmung einer Überentnahme auf die Verhältnisse im einzelnen Betrieb und nicht auf die Summe sämtlicher betrieblicher Einkunftsquellen des Steuerpflichtigen an. Diese betriebsbezogene Gewinnhinzurechnung wird von der Literatur bestätigt. Übt der Steuerpflichtige wie im Urteilsfall sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, sind die Tätigkeiten zu trennen, selbst wenn sachliche und wirtschaftliche Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen. Von einer einheitlichen Tätigkeit kann nur ausgegangen werden, wenn die verschiedenen Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Diese Untrennbarkeit liegt im Urteilsfall jedoch nicht vor, da Fitnessstudio und Krankengymnastik-Praxis unterschiedliche Leistungen anbieten. Der Besuch eines Fitnessstudios dient regelmäßig der Körperertüchtigung, die Krankengymnastik richtet sich hingegen auf die Heilung oder Linderung eines krankhaften Zustands. Neben dem unterschiedlichen Leistungsspektrum spricht für eine Trennung der Betriebe die jeweils eigenständige Leistungsabrechnung, Gewinnermittlung, Räumlichkeit und Geschäftsbezeichnung.
Die Lebensversicherungsansprüche wurden zudem steuerschädlich verwendet, da die Rechtswirksamkeit der Abtretung hierfür nicht erforderlich ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ansprüche tatsächlich der Sicherung von Darlehen gedient haben. Dies war vorliegend der Fall.
Hinweis
Für den Schuldzinsenabzug nahm der BFH bereits mit Urteil vom 29.3.2007 (a.a.O.) eine getrennte Ermittlung für gewerbliche und freiberufliche Einzelunternehmen vor. Im Rahmen dieses Urteils stellte der BFH ferner fest, dass die Überentnahmen bei Mitunternehmerschaften gesellschafterbezogen zu ermitteln sind.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.2010, 2 K 139/05