Rz. 77

Ein Ersuchen ist Voraussetzung jeder Kulanzauskunft. Eine solche Auskunft kann schon nach dem Wortlaut des Abs. 3, der ein Ersuchen voraussetzt, nicht spontan gegeben werden. Abs. 3 enthält die Berechtigung, nicht die Verpflichtung der deutschen Finanzbehörde zur Kulanzauskunft. Die Entscheidung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.[1] Dabei ist zu beachten, dass zunächst die rechtlichen Voraussetzungen des Abs. 3 im Einzelnen auf ihr Vorhandensein zu prüfen sind, bevor die Ermessensentscheidung getroffen wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen kann von den Gerichten vollen Umfangs überprüft werden. Die Ermessensentscheidung dagegen ist nur hinsichtlich der Einhaltung der Ermessensgrenzen (Verbot des Übermaßes, z. B. bei nicht erforderlichen Auskünften) und des Fehlens eines Ermessensmissbrauchs von den Gerichten nachprüfbar.[2] Die politische Opportunität oder gar politischer Druck sind keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte. Die Auskunft kann ohne Begründung abgelehnt werden. Dabei ist allerdings an das Gegenseitigkeitsprinzip zu denken, also die Folgen für die deutsche Besteuerung, die aus dem Ausbleiben von Informationen aus dem ausländischen Staat entstehen.

Für die Durchführung der Amtshilfe gelten die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderer Personen im deutschen Besteuerungsverfahren.[3] Hierzu und zur entsprechenden Anwendung der §§ 114 und 91 AO nach § 117 Abs. 4 S. 2, 3 AO vgl. Rz. 53-56.

Die endgültige Entscheidung darüber, ob eine zwischenstaatliche Amtshilfe geleistet wird, trifft nach § 117 Abs. 3 S. 2 AO das BMF[4], das seine Befugnisse gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG auf das Bundeszentralamt für Steuern übertragen hat.[5] Soweit es um Steuern geht, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, muss dies im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde geschehen.[6] Die Entscheidung kann (negativ) bereits beim Eingehen des Amtshilfeersuchens getroffen werden, wenn z. B. eine oder mehrere Voraussetzungen des § 117 Abs. 3 AO nicht erfüllt sind. Sie kann aber auch anhand des ermittelten Materials während der Ermittlungen oder erst vor der Weiterleitung an den ausländischen Staat getroffen werden, etwa wenn bei Anhörung des inländischen Beteiligten sich triftige Gründe herausgestellt haben.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 133.
[2] Vgl. § 5 Rz. 49.
[3] Abs. 4 S. 1.
[4] Vgl. Abs. 3 S. 2; s. a. BMF v. 23.11.2015, 928, Nr. 1.5.1.1.
[6] Abs. 3 S. 2.

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