Rz. 19
In den Fällen der Nr. 2 ist dem Betroffenen die Begründung bereits bekannt, sodass sie nicht wiederholt zu werden braucht. Das Bekanntsein kann aus vorherigem Schriftverkehr, einem Prüfungsbericht oder aus einem früheren Verwaltungsverfahren resultieren. Die Begründung kann auch durch bereits erfolgte mündliche Erläuterungen bekannt sein. Ohne weiteres erkennbar ist eine nach den Umständen ohne weiteres ersichtliche Begründung. Die Gründe für die Entscheidung müssen aus dem Umständen mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit abgelesen werden können. Die vorzeitige Anforderung einer Steuererklärung bedarf in jedem Fall einer entsprechenden eigenen Begründung; der bloße Hinweis auf eine intendierten Ermessensentscheidung reicht nicht aus.
Da es sich um eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Begründungszwang handelt, ist sie eng auszulegen. Maßgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Weicht das FA von einer Steuererklärung des Stpfl. ab, so muss es (zusätzlich) auf die Abweichung hinweisen. § 121 Abs. 1 AO verlangt aber nur das zum Verständnis des Verwaltungsakts Erforderliche; die Begründung muss danach lediglich die jeweilige Entscheidung verständlich erläutern. Nicht gefordert wird, dass die Begründung lückenlos oder für den Betroffenen einleuchtend oder akzeptabel ist. Ob die Auffassung der Finanzverwaltung für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar ist, richtet sich nach den subjektiven Fähigkeiten des Stpfl. Bedeutsam ist dabei, ob der Stpfl. steuerlich beraten wird; die Kenntnis des Beraters genügt. Im Zweifel ist eine Begründung beizufügen, da eine fehlende Begründung zur Verkürzung des Rechtsschutzes des Betroffenen führen kann.
Rz. 20
Bei der Auswahl eines oder mehrerer Gesamtschuldner müssen die für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Zweckmäßigkeitserwägungen spätestens in der Einspruchsentscheidung dargelegt werden. Die Begründungsanforderungen hängen davon ab, welche ersichtlichen besonderen Umstände auf Seiten des jeweiligen Gesamtschuldners bestehen, die für oder gegen seine Inanspruchnahme sprechen und die in die schriftliche Begründung des betreffenden Verwaltungsakts einfließen müssen. Wird neben demjenigen, der sich als Täter einer vorsätzlichen Steuerstraftat schuldig gemacht hat, auch derjenige, der gutgläubig ohne sein Wissen für die Ausführung benutzt worden ist, in Anspruch genommen, bedarf dies einer Begründung.
Rz. 20a
Ein Haftungsbescheid genügt den Anforderungen, wenn der Vertreter gem. § 69 AO über alle Umstände seiner Inanspruchnahme informiert ist. Bei einem Haftungsbescheid reicht es für die Haftung nach § 69 AO aus, wenn dem Stpfl. alle insoweit bedeutsamen Umstande bekannt sind.
So braucht etwa einem Haftungsschuldner, der sich wegen Steuerhinterziehung in Haft befindet, keine besondere Begründung des Haftungsgrunds gegeben zu werden, wenn der Haftungsbescheid auf Steuerhinterziehung gestützt wird; ebenso braucht nicht näher begründet zu werden, warum nicht in erster Linie der Stpfl. in Anspruch genommen wird, wenn der Haftende weiß, dass sich dieser in Insolvenz befindet. Entsprechend brauchen die Erwägungen zur Auswahl eines Haftenden nicht gesondert angegeben zu werden, wenn ersichtlich ist, dass alle anderen (Haftungs-)Schuldner für die Finanzverwaltung schwerer greifbar sind, weil sie sich im Ausland befinden. Entsprechendes gilt, wenn die Person des Schuldners oder sein Aufenthalt der Finanzbehörde, für den Haftenden erkennbar, unbekannt sind. Bei der LSt-Haftung brauchen die Ermessenserwägungen für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht besonders dargestellt zu werden, wenn der Arbeitgeber seine Zahlungsverpflichtung nach § 42d Abs. 4 EStG schriftlich anerkannt hat; es kann dann angenommen werden, dass dem Arbeitgeber diese Erwägungen bekannt sind.