Rz. 251
§ 122 Abs. 7 AO enthält eine Sonderregelung für die hier angesprochenen Personen. Erfasst werden sowohl zusammengefasste Steuerbescheide als auch sonstige Verwaltungsakte. Die Vorschrift wurde durch Gesetz vom 18.7.2014 dahin ergänzt, dass auch Lebenspartner bzw. Lebenspartner mit Kindern von dieser Regelung erfasst sind.
Eine Sonderregelung für die Adressierung zusammengefasster Steuerbescheide und sonstiger Verwaltungsakte gegen Ehegatten bzw. Eltern mit Kindern besteht nicht; es gelten daher die allgemeinen Regeln, vgl. Rz. 81 ff. Die Verwaltungsakte sind also an alle Betroffenen zu adressieren. § 122 Abs. 7 AO enthält nur eine Bekanntgabeerleichterung.
Rz. 252
Da nach dem Wortlaut des Abs. 7 die Bekanntgabe an alle Betroffenen durch eine Ausfertigung erfolgt, sind alle Betroffenen als Bekanntgabeempfänger aufzuführen. Abs. 7 hat also, im Gegensatz zu Abs. 6, nicht die Wirkung, dass ein Betroffener als Bekanntgabebevollmächtigter fingiert wird; es wird lediglich unwiderlegbar vermutet, dass alle Beteiligten von dem Verwaltungsakt Kenntnis erhalten haben, wenn er einem von ihnen bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe hat vielmehr an alle Beteiligten zu erfolgen, das Gesetz unterstellt aber, dass alle Beteiligten vom Verwaltungsakt Kenntnis erlangen, wenn einer von ihnen die Ausfertigung des Verwaltungsakts erhält. Rechtliche Basis dieser Unterstellung ist die gemeinsame Anschrift; dadurch wird eine gemeinsame Herrschaftssphäre begründet. Gelangt die Ausfertigung des Verwaltungsakts in diese gemeinsame Herrschaftssphäre, ist sie jedem, dem diese Herrschaftssphäre zuzurechnen ist, bekannt gegeben. Diese unwiderlegbare Vermutung ersetzt die Annahme einer gegenseitigen Empfangsbevollmächtigung der zusammen veranlagten Personen.
Da es sich nicht um eine fingierte Empfangsvollmacht handelt, ist auf die Wirkung der Bekanntgabe der einen Ausfertigung für und gegen alle Beteiligten nicht hinzuweisen.
Rz. 253
Abs. 7 ist nicht anwendbar, wenn Personen betroffen sind, die weder durch ein Eheverhältnis verschiedenen oder gleichen Geschlechts noch durch ein Eltern/Lebenspartner-Kind-Verhältnis untereinander verbunden sind; in diesen Fällen ist die Bekanntgabe nach Abs. 6 zulässig.
Rz. 254
Abs. 7 ermöglicht es, die jeweiligen Verwaltungsakte vereinfacht bekannt zu geben. Es muss sich also um Verwaltungsakte handeln, die diese mehreren Personen betreffen. Das ist der Fall bei zusammengefassten Steuerbescheiden, die im Fall der Gesamtschuldnerschaft ergehen können, sowie bei sonstigen Verwaltungsakten, die sachlich mit zusammengefassten Verwaltungsakten zusammenhängen. Die Regelung ist nach der Übernahme in § 122 Abs. 7 AO nicht nur für Steuerbescheide anwendbar, sondern auch für sonstige Verwaltungsakte. Die Bekanntgabe ist auch wirksam, wenn ein zusammengefasster Bescheid wegen eines abweichenden Antrags eines Ehegatten auf getrennte oder besondere Veranlagung nicht hätte ergehen dürfen; der Bescheid ist rechtswidrig, aber wirksam.
Diese Verwaltungsakte können in einer Ausfertigung an die gemeinsame Anschrift der genannten Personen bekannt gegeben werden. Es wird damit fingiert, dass die Bekanntgabe einer Ausfertigung an die gemeinsame Anschrift Bekanntgabe an alle von dem Verwaltungsakt Betroffenen bedeutet.
Rz. 255
Da Haftungsschuldner als Gesamtschuldner haften, können gegen sie zusammengefasste Haftungsbescheide ergehen. Da die Bekanntgabeerleichterung nicht nur für Steuerbescheide, sondern für alle Verwaltungsakte gilt, können zusammengefasste Haftungsbescheide bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach Abs. 7 bekannt gegeben werden. Die Verwaltung ordnet jedoch die Einzelbekanntgabe an die Ehegatten bzw. die Kinder an.
Rz. 256
Bei der GrESt liegen zwei Steuerfälle vor, sodass an jeden Ehegatten ein besonderer Steuerbescheid zu erteilen ist. Von der Bekanntgabeerleichterung des Abs. 7 kann in diesem Fall kein Gebrauch gemacht werden, da die Ehegatten nicht von einem Verwaltungsakt, sondern jeder Ehegatte nur von dem gegen ihn ergehenden Verwaltungsakt betroffen ist.
Rz. 257
Die von Abs. 7 erfassten Personen müssen eine gemeinsame Anschrift haben. Ihnen muss der Verwaltungsakt unter dieser gemeinsamen Anschrift, nicht einer anderen Anschrift bekannt gegeben werden.
Für diese Personen muss ein gemeinsamer Herrschaftsbereich für die Empfangnahme von Postsendungen bestehen, sodass jede dieser Personen die Zugriffsmöglichkeit auf die Postsendung hat, wenn die Sendung in diesen Herrschaftsbereich gelangt ist (zum Herrschaftsbereich vgl. Rz. 13ff.). Hat eine der betroffenen Personen eine eigene Wohnung unter derselben postalischen Anschrift (z. B. in einem Mehrfamilienhaus), besteht keine gemeinsame Anschrift, da die Herrschaftsbereiche unterschiedlich sind; Abs. 7 ist dann nicht anwendbar. Es genügt, wenn der Verwaltungsakt in das Postfach eines der Ehegatten eingelegt wird, wenn eine gemeinsame Anschrift besteht. Dem ist nicht zuzustimmen; in diesem Fall ist der Verwaltu...