Prof. Dr. Gerrit Frotscher
3.1 Allgemeines
Rz. 5
Der Zeitpunkt, zu dem der Datensatz mit den Angaben zu der grenzüberschreitenden Steuergestaltung zu übermitteln ist, ist durch drei Ereignisse definiert, wobei es genügt, wenn eines dieser Ereignisse eingetreten ist. Maßgebend ist das am frühesten eingetretene Ereignis. Der Datensatz ist innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf des Tages zu übermitteln, an dem dieses erste Ereignis eingetreten ist. Diese Frist ist recht kurz bemessen. Da jedoch die Entwicklung und Vorbereitung der Implementierung einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung erhebliche Vorlaufzeit in Anspruch nehmen wird, kann in dieser Zeit die Mitteilung bereits vorbereitet werden.
Mit "30 Tagen" sind Kalendertage, nicht Arbeitstage, gemeint.
Rz. 6
Die Frist von 30 Tagen gilt sowohl, wenn die Mitteilung durch den Intermediär, als auch, wenn sie durch den Nutzer nach § 138f Abs. 6 oder § 138g AO zu erstatten ist. Jedoch enthält § 138f Abs. 6 AO in dem Fall, dass die Verpflichtung zur Abgabe einer Mitteilung auf den Nutzer übergeht, weil dieser den Intermediär nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit hat, eine Anlaufhemmung für die Mitteilung derjenigen Daten, die durch den Nutzer zu erfolgen hat; hierzu Rz. 39. Für die Berechnung der Frist von 30 Tagen gilt § 108 AO. Da es sich um eine gesetzliche Frist handelt, kann sie nicht verlängert werden, § 109 Abs. 1 AO; jedoch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 110 AO, möglich. Wird die Mitteilung danach nicht zeitgerecht übermittelt, kann nach § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO eine Ordnungswidrigkeit vorliegen. Hängt der Beginn der Frist von dem Zugang von Unterlagen ab, kann bei Übermittlung durch die Post auf die Zugangsvermutung nach § 122 Abs. 2 AO zurückgegriffen werden.
Rz. 7
In § 138f Abs. 2 Nr. 1 AO ist als Zeitpunkt, der als Ausgangspunkt für die Berechnung der Frist zur Übersendung der Mitteilung dient, der Tag genannt, zu dem die grenzüberschreitende Steuergestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird, der Nutzer zu der Umsetzung bereit ist oder mindestens ein Nutzer den ersten Schritt zur Umsetzung gemacht hat. Diese Begriffe entsprechen der Regelung des § 138d Abs. 5 AO; vgl. daher auch Kommentierung zu dieser Vorschrift.
3.2 Bereitstellung zur Umsetzung, Abs. 2 Nr. 1
Rz. 8
"Umsetzung" bzw. Implementierung bedeutet, dass Schritte unternommen werden, die konkret zu der Steuervergünstigung führen. Der Abschluss eines Rahmenvertrags ist noch keine Umsetzung in diesem Sinne, da er allein nicht zu Steuerersparnissen führt. "Umsetzung" ist dann erst das Einzelgeschäft, das im Rahmen des Rahmenvertrags vorgenommen wird. Eine Steuergestaltung ist zur Umsetzung bereitgestellt, wenn dem Nutzer, d. h. der entscheidungsbefugten Stelle im Unternehmen des Nutzers, alle erforderlichen Unterlagen und Informationen vorliegen, um die Steuergestaltung zu implementieren. Unbeachtlich ist, von wem die erforderlichen Unterlagen bereitgestellt werden. Es kann dies ein Intermediär, die Muttergesellschaft oder eine Abteilung innerhalb einer Körperschaft, wie Steuer- oder Rechtsabteilung, sein. Danach ist die Steuergestaltung bereitgestellt, wenn der Nutzer die alleinige Entscheidungsgewalt hat, diese Steuergestaltung zu implementieren, wenn er also nicht mehr auf weitere Informationen oder Unterlagen des Intermediärs oder sonstiger Personen oder Stellen angewiesen ist. Lediglich die Skizzierung von Möglichkeiten einer Steuergestaltung oder Entwürfe der notwendigen Dokumente, die noch nicht endgültig abgestimmt sind, genügen nicht. Die Aushändigung von Entwürfen, die die Steuergestaltung noch nicht endgültig und implementierungsfähig beschreiben, ruft die Mitteilungspflicht ebenfalls nicht hervor.
Rz. 9
Andererseits genügt es selbstverständlich nicht, um die Mitteilungspflicht auszuhebeln, ein fertig ausgearbeitetes und implementierungsfähiges Konzept als "Entwurf" zu bezeichnen. Der maßgebende Zeitpunkt ist daher derjenige Tag, an dem der Intermediär dem Nutzer, bei mehreren Nutzern dem ersten oder einem der Nutzer, die vertraglichen Unterlagen ausgehändigt oder anderweitig zugänglich gemacht hat. Maßgebend ist dabei der früheste dieser Zeitpunkte.
Rz. 10
Die notwendigen Dokumente müssen dem Nutzer vollständig vorliegen und so ausgearbeitet sein, dass auf ihrer Grundlage ohne weitere Ausarbeitung die Implementierung erfolgen kann. Verträge müssen unterschriftsreif ausgehandelt und formuliert sein. Dies ist noch nicht der Fall, wenn dem Nutzer zwar alle Dokumente vorliegen, er aber die Implementierung noch nicht beginnen darf, da noch eine Vereinbarung, z. B. über das Honorar, mit dem Intermediär abgeschlossen werden muss.
Rz. 11
Die Mitteilung muss erfolgen, auch wenn die Umsetzung noch nicht erfolgt ist. Jedoch muss der Nutzer erkennbar die Absicht haben, die Gestaltung umzusetzen. Davon kann ausgegangen werden, wenn dem Nutzer die ihn betreffenden Unte...