Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 9
§ 138g Abs. 3 AO schränkt die Verpflichtung zur Mitteilung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung auf solche Nutzer ein, die einen Inlandsbezug aufweisen. Die Mitteilungspflicht hängt auch bei Inhouse-Gestaltungen von dem entsprechenden Inlandsbezug ab. Nach § 138g Abs. 3 Nr. 1 AO besteht dieser Inlandsbezug darin, dass der Nutzer Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat; zu diesen Begriffen vgl. §§ 8–11 AO. Damit sind Stpfl. mitteilungspflichtig, die der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland unterliegen.
Rz. 10
§ 138g Abs. 3 Nr. 2 AO erweitert die Mitteilungspflicht auf Nutzer, die einen bestimmten Inlandsbezug aufweisen, aber in keinem Mitgliedsstaat der EU Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung haben, also in einem EWR-Staat oder einem Drittstaat oder in keinem Staat ansässig sind. Die in Nr. 2 genannten Personen sind mitteilungspflichtig, auch wenn ein anderer Nutzer nach Nr. 1 unter die Mitteilungspflicht fällt. Befinden sich Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Geschäftsleitung oder Sitz in einem EU-Staat, ist dieser Nutzer in diesem EU-Staat mitteilungspflichtig, nicht in der Bundesrepublik.
Rz. 11
Die nicht in einem EU-Staat ansässigen Personen sind gegenüber dem BZSt nach Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a mitteilungspflichtig, wenn sie in Deutschland eine Betriebsstätte unterhalten und in dieser Betriebsstätte durch die grenzüberschreitende Steuergestaltung ein Steuervorteil entsteht. Der Steuervorteil oder ein Teil des Steuervorteils muss sich also in der Betriebsstätte steuerlich auswirken. Der Inlandsbezug besteht daher nur dann, wenn sich die Steuergestaltung konkret und unmittelbar auf die steuerliche Situation der Betriebsstätte auswirkt. Ein Steuernachteil in der Betriebsstätte durch die grenzüberschreitende Steuergestaltung führt nicht zur Mitteilungspflicht, auch wenn damit zusammenhängend ein Steuervorteil in einer ausländischen Betriebsstätte entsteht. Zum Begriff der Betriebsstätte verweist das Gesetz auf § 138d Abs. 4 AO. Danach liegt eine Betriebsstätte vor, wenn sie unter § 12 AO oder unter den Betriebsstättenbegriff des im konkreten Fall anwendbaren DBA fällt. Es genügt, dass einer dieser Tatbestände erfüllt ist.
Rz. 12
Schließlich kann der Inlandsbezug nach Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b darin bestehen, dass im Inland Einkünfte erzielt werden oder im Inland eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, die steuerlich von Bedeutung sind, vorausgesetzt, dass auf diese Steuer das EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) anwendbar ist. Die Voraussetzung der steuerlichen Bedeutung und der Anwendbarkeit des EUAHiG bezieht sich auf beide Tatbestände, nämlich die Erzielung von Einkünften und die wirtschaftliche Tätigkeit. Den Inlandsbezug begründen nur solche Einkünfte bzw. eine solche wirtschaftliche Tätigkeit, die für die Steuergestaltung von Bedeutung sind. Einkünfte sind steuerlich von Bedeutung, wenn es sich um inländische Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 EStG handelt, der Nutzer im Inland also der beschränkten Steuerpflicht unterliegt, ohne dass er im Inland eine Betriebsstätte unterhält. Betroffen sind ESt einschließlich der Abzugssteuern, KSt, SolZ und GewSt. Da das Gesetz den Begriff "Einkünfte" verwendet, nicht den Begriff "Gewinn", sind auch Überschusseinkünfte erfasst. Der Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" ist ein Auffangtatbestand, der etwaige Lücken vermeiden soll, und ist zur Umsetzung des Art. 8ab Abs. 7 Buchst. b der Amtshilferichtlinie in das Gesetz übernommen worden. Steuerliche Bedeutung müssen die Einkünfte oder die wirtschaftliche Tätigkeit für Steuern haben, auf die das EUAHiG anwendbar ist. Anwendbar ist das EU-Amtshilfegesetz nach § 1 Abs. 1 EUAHiG auf alle Steuern mit Ausnahme der USt, der Zölle und der harmonisierten Verbrauchsteuern. Unter die "wirtschaftliche Tätigkeit" können daher auch Vorgänge fallen, die GrErwSt und ErbSt betreffen. Es muss aber immer eine Tätigkeit des Nutzers im Inland vorliegen.