Prof. Dr. Gerrit Frotscher
1 Allgemeines
Rz. 1
Die Wirkung der verbindlichen Zusage endet, außer in den in § 207 AO aufgezählten Fällen, auch mit Ablauf des gem. § 205 Abs. 2 Nr. 3 AO bestimmten Zeitraums. Im Übrigen ist die Regelung des § 207 AO abschließend und verdrängt insoweit die §§ 130, 131 AO. Lediglich § 130 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AO ist aufgrund der Verweisung in § 207 Abs. 3 AO anwendbar.
2 Aufhebung oder Änderung der Zusage
2.1 Änderung der maßgebenden Rechtsvorschrift, Abs. 1
Rz. 2
Nach § 207 Abs. 1 AO tritt die verbindliche Zusage, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf, außer Kraft, wenn und soweit sich die zugrunde liegende Rechtsvorschrift ändert.
Hierunter fällt nur die Änderung einer Rechtsvorschrift i. S. d. § 4 AO, also eines formellen Gesetzes und einer Rechtsverordnung. Das für diese Vorschrift zuständige Organ muss den Wortlaut dieser Vorschrift geändert haben. Bloße redaktionelle Änderungen oder Änderung des Regelungsgehaltes in dem Bereich, der für die Zusage keine Bedeutung hat, genügen nicht. Der Änderung der Rechtsvorschrift steht ihre Nichtigerklärung durch das BVerfG gleich, da diese Entscheidung konstitutive Wirkung hat. Dagegen genügt nicht eine Änderung in der Interpretation einer Rechtsvorschrift oder eine geänderte Rspr. § 270 Abs. 1 AO ist ebenfalls nicht anwendbar, wenn eine allgemeine Verwaltungsanweisung wie die Richtlinien oder die in einem BMF-Schreiben niedergelegte Verwaltungsauffassung geändert wird.
Rz. 3
Da es Aufgabe jedes Stpfl. ist, die für ihn wichtigen Gesetzesänderungen zu verfolgen, trifft die Finanzverwaltung i. d. R. keine Pflicht, den Stpfl. auf eine einschlägige Gesetzesänderung und damit auf ein Außerkrafttreten der verbindlichen Zusage hinzuweisen. In Sonderfällen ist es allerdings denkbar, dass die Finanzverwaltung eine solche Pflicht trifft und sie nach Treu und Glauben für eine gewisse Zeit an die Zusage gebunden bleibt, wenn sie diese Pflicht verletzt.
Rz. 4
Die Zusage tritt nach Abs. 1 kraft Gesetzes außer Kraft, sodass es keiner Rücknahme der Zusage oder einer ähnlichen Handlung der Verwaltung bedarf. Wird die verbindliche Zusage trotzdem aufgehoben, dient das nur der Klarstellung und hat keine Regelungswirkung. Eine solche Aufhebung ist daher kein Verwaltungsakt und daher nicht anfechtbar. Rechtsschutz wird durch Klage auf Feststellung, dass die Zusage weiterhin wirksam ist, gewährt.
Rz. 5
Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Zusage ist der des materiellen Wirksamwerdens (des Inkrafttretens der geänderten Regelung) des Gesetzes, auch wenn das ändernde Gesetz ausnahmsweise rückwirkend in Kraft tritt. Der Vertrauensschutz aufgrund der verbindlichen Zusage setzt sich daher nicht gegenüber der (zulässigen) Rückwirkung des Gesetzes durch.
2.2 Aufhebung oder Änderung mit Wirkung für die Zukunft, Abs. 2
Rz. 6
Nach Abs. 2 kann sich die Verwaltung von der verbindlichen Zusage mit Wirkung für die Zukunft (d. h. für zukünftige Veranlagungszeiträume) lösen; Gründe hierfür können eine geänderte Rechtsauffassung der Verwaltung, eine neue Rspr. oder eine beabsichtigte Gesetzesänderung sein. Da keine Einschränkung des Aufhebungsrechts in dem Sinn vorhanden ist, dass nur Gründe herangezogen werden dürfen, die nach der Erteilung der Zusage eingetreten sind, kann sie mit Wirkung für die Zukunft auch deshalb aufgehoben oder geändert werden, weil sie von Anfang an unrichtig war. Der Tatbestand des Abs. 2 kann daher von der Finanzbehörde auch dafür verwendet werden, sich von der Bindung durch eine von Anfang an unrichtige Zusage mit Wirkung für die Zukunft zu lösen, War die Unrichtigkeit von der Finanzverwaltung zu vertreten, sind die Interessen des Stpfl. in besonderem Maß zu berücksichtigen, etwa indem ihm eine angemessene Zeit eingeräumt wird, seine Verhältnisse neu zu gestalten.
Rz. 7
Die Aufhebung oder Änderung erfolgt, entsprechend § 205 Abs. 1 AO, durch schriftlichen Verwaltungsakt.
Rz. 8
Die Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung hat die in diesem Zeitpunkt zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die Ermessensentscheidung, die zu begründen ist, muss auf sachgerechten Erwägungen beruhen. Die Aufhebung oder Änderung einer objektiv richtigen Zusage ist danach i. d. R. ermessensfehlerhaft, da für eine solche Maßnahme der Behörde kaum sachgerechte Erwägungen denkbar sind. Da § 207 AO lex specialis gegenüber § 131 AO ist, ist eine Aufhebung einer inhaltlich richtigen Zusage auch bei Vorliegen eines Tatbestands des § 131 AO nicht möglich. Ist die Zusage nach ihrem Inhalt sachlich unrichtig, also rechtswidrig, erfolgt die Aufhebung oder Änderung der Zusage ebenfalls nach § 207 Abs. 2 AO, und zwar auch, wenn die Voraussetzungen des § 130 AO vorliegen; § 207 Abs. 2 AO verdrängt, mit Ausnahme der Regelung in § 207 Abs. 3 AO, die Anwendung des § 130 AO.
Rz. 9
Soll eine Zusa...