Rz. 3
§ 31c AO stellt auf Basis von Art. 9 Abs. 2 Buchst. j DSGVO eine zusätzliche Regelung im nationalen Recht für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener "steuerlicher" Daten zu statistischen Zwecken dar. Diese Daten sind ihrem Wesen nach in Bezug auf Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel. Die Verarbeitung der Daten nach § 31c AO setzt das Vorliegen einer Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO voraus. Hier bezieht sich der Gesetzgeber für seine Regelungskompetenz darauf, dass nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen in Betracht kommt. Dabei obliegt es dem Gesetzgeber, per Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Daten zu schaffen.
Rz. 4
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten u. a. zu im öffentlichen Interesse liegenden statistischen Zwecken regelt Art. 89 Abs. 1 DSGVO. Für derartige Zwecke gilt nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO die Weiterverarbeitung als nicht unvereinbar mit den ursprünglichen Zwecken der Datenerhebung. Bei rechtmäßiger Datenerhebung sind auch Weiterverarbeitungen für Statistikzwecke also unmittelbar durch die DSGVO zugelassen und bedürfen keiner ergänzenden nationalen Rechtsgrundlage. Es handelt sich um eine "Privilegierung der entsprechenden Zwecke" unmittelbar durch die DSGVO. Da diese Zwecke bei der Weiterverarbeitung kompatibel mit dem Zweck der Erstverarbeitung sind, kann sich der Verantwortliche als Rechtsgrundlage erneut auf die Rechtsgrundlage der Erstverarbeitung stützen.
Rz. 5
Die Verarbeitung von nicht unter Art. 9 DSGVO fallenden personenbezogenen Daten richtet sich entweder unmittelbar nach der DSGVO oder nach im Einklang mit der DSGVO erlassenen europarechtlichen oder nationalen Rechtsgrundlagen. Hier ist insbesondere § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO zu nennen, der eine Offenbarung geschützter Daten für die Erstellung von Statistiken nach dem Gesetz über Steuerstatistiken regelt.
Die "datenschutzrechtliche Privilegierung" der Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO i. V. m. Art 89 DSGVO gilt aber nur für die personenbezogenen Daten, nicht hingegen für die besonderen Kategorien personenbezogener Daten i. S. d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Für die Weiterverarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist eine ergänzende, unmittelbar auf diese Daten bezogene und deren Schutzbedürfnisse umfassende, nationale Rechtsgrundlage erforderlich. Die datenschutzrechtliche "Zweckkompatibilität" erstreckt sich nicht auf diese Datenkategorie. Deshalb hat der deutsche Gesetzgeber mit § 31c AO diese ergänzende datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage geschaffen.
Rz. 6
Für die Bereiche, die die DSGVO nicht unmittelbar abdeckt, nämlich für Daten verstorbener natürlicher Personen oder von Körperschaften, sowie von rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen schafft § 2a Abs. 5 AO der DSGVO entsprechende ergänzende nationale Regelungen. Auch die nationalen und der DSGVO entsprechenden Regelungen - wie § 31c AO für den Bereich der "sensiblen Daten"- gelten also umfassend nicht nur für natürliche Personen, sondern für personenbezogene Daten aller Personen.
Rz. 7
Über die datenschutzrechtlichen Regeln hinaus bedarf es auch einer "Öffnung" des Steuergeheimnisses. Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten für die gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes wird durch § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO für zulässig erklärt. § 31c AO ergänzt diese Regelung um die Verarbeitungs- und Offenbarungsbefugnis hinsichtlich sensibler Daten i. V. m. § 30 Abs. 10 AO (vgl. Rz. 2a). Inwieweit es dessen zwingend bedurfte, soweit sich die Erlaubnis schon nach Unionsrecht unmittelbar aus der DSGVO ergibt, ist angesichts des § 30 Abs. 4 Nr. 2a AO insoweit nicht entscheidend.