Rz. 20
Aus dem Wortlaut des § 31c Abs. 1 S. 1 AO ergibt sich zum Regelungsgehalt der Norm keine genauere Bezeichnung oder Eingrenzung der "statistischen Zwecke", die die Einschränkung des Schutzes der betroffenen sensiblen Daten rechtfertigen (sollen). Dennoch ist die Berechtigung zur Nutzung der Daten für statistische Zwecke durch § 31c AO nicht umfassend eröffnet. In teleologischer Auslegung der Norm wäre es nicht logisch, wenn der Gesetzgeber den Nutzungsgrad für die unter Art. 9 DSGVO fallenden besonderen Kategorien personenbezogener Daten weiter öffnen würde, als für die Nutzung anderer – weniger sensibler – Daten (s. dazu Rz. 2a f.).
Rz. 21
Wie in der Gesetzesbegründung dargelegt, darf schon für normale Kategorien geschützter Daten nach § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO eine Offenbarung für statistische Zwecke nur dann erfolgen, wenn die Offenbarung der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamts dient. Eine Offenbarung der geschützten Daten für die Erstellung anderer Zwecke, z. B. zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken, ist damit unzulässig. Das Steuerverfahrensrecht geht im Schutz der Daten also noch weiter als die DSGVO. Ein solcher verstärkter Schutz der Daten widerspricht den Zielen der DSGVO nicht und ist damit auch zulässig.
§ 31c AO erweitert diesen Regelungsbereich für die besonderen Kategorien geschützter Daten nicht (s. dazu Rz. 2a, 9), sondern bezieht sich im Regelungsbereich auf die auch für sonstige personenbezogene Daten eröffnete Verwendung für statistische Zwecke. Damit enthält § 31c Abs. 1 S. 1 AO i. V. m. § 30 Abs. 10 AO über § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO zugleich auch einen negativen Regelungsgehalt, indem er die Art der Statistiken, für die die Verwendung entsprechender "steuerlicher" Daten zulässig ist, ausdrücklich benennt. Dementsprechend ist ausweislich der Gesetzesbegründung die Offenbarung oder Verwertung der nach § 30 AO geschützten Daten einschließlich der unter Art. 9 DSGVO fallenden besonderen Kategorien personenbezogener Daten für andere Statistiken, etwa für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke, nicht zulässig.
Rz. 22
Die Steuerstatistiken und damit die Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Besteuerungsverfahren für diese Zwecke, sind für ein funktionierendes Gemeinwesen von erheblicher Bedeutung. An ihnen orientiert sich nicht nur die politische Bewertung und Erkenntnis von Wirtschaftsbeobachtungen. Sie dienen auch der Gesetzesfolgenabschätzung und den Steuerschätzungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Haushaltsplanungen von Bund und Ländern haben. Daraus ergibt sich unmittelbar ihre Bedeutung auch für die Gewährleistungsfunktion des Steuerstaates und damit einhergehend der Budgetfunktion der Steuergesetze als Grundlage der Staatsfinanzierung. Politikgestaltung ist also von der Verwertbarkeit dieser Daten unmittelbar abhängig, um Fehlallokationen in Grenzen zu halten und zielorientiert den Einsatz von Haushaltsmitteln zu steuern. Aufgrund dieser Erkenntnis erklärt die DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten für im öffentlichen Interesse liegende statistische Auswertungen als mit den ursprünglichen Zwecken bei der Erhebung der Daten vereinbar.
Rz. 23
Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang, dass durch den Verzicht auf eine "eigene Einschränkung" des Umfangs der eröffneten statistischen Verwertung der Daten in § 31c AO eine spätere Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO im Rahmen der Eröffnung durch die DSGVO für andere statistische Zwecke als für die gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes "automatisch" auch den Anwendungsbereich für die Verwendung sensibler Daten in § 31c Abs. 1 S. 1 AO ausweiten würde. Zwar ist dies durchaus konsequent in der Sinnhaftigkeit einer einheitlichen Datennutzung. Andererseits wurde hier aber auf eine Erkennbarkeit des Regelungsumfangs einer derartigen erweiternden Befugnisschaffung auch im Hinblick auf "sensible Daten" für den Gesetzgeber verzichtet.
Rz. 24 einstweilen frei