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Der Testamentsvollstrecker hat im Vergleich zum Insolvenzverwalter und auch zum Zwangsverwalter lediglich eine sehr eingeschränkte Vermögensverwaltung. Er soll den letzten Willen des Erblassers vollziehen. Bei mehreren Miterben hat er regelmäßig auch die Erbauseinandersetzung durchzuführen. Das Verwaltungsrecht kann darüber hinaus noch dadurch sehr eingeengt sein, dass der Testamentsvollstrecker nur bestimmte Aufgaben und Befugnisse hat (z. B. Überwachung der Erfüllung einer Auflage oder der Durchführung eines Vermächtnisses). Entsprechend eingeschränkt sind seine steuerlichen Verpflichtungen. Allerdings hat er nach der zu § 34 Abs. 2 AO vorrangigen Spezialvorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG für die Bezahlung der ErbSt zu sorgen. Nach § 31 Abs. 5 ErbStG ist der Testamentsvollstrecker zur Abgabe der ErbSt-Erklärung verpflichtet. Diese Verpflichtung kann nicht über die entsprechende Pflicht der Beteiligten hinaus begründet werden.
Der Erbe (Miterbe) bleibt als Stpfl. zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten gehalten, auch soweit Nachlassvermögen oder -erträge Teil oder Gegenstand der Pflichten sind. Dementsprechend kann der Testamentsvollstrecker insoweit durch § 34 AO nicht verpflichtet sein. Deswegen ist der Erbe zur Abgabe seiner eigenen ESt-Erklärungen verpflichtet, nicht der Testamentsvollstrecker, auch wenn die Einkünfte fast ausschließlich oder doch überwiegend aus dem Nachlass fließen bzw. in ihm liegen. Auch zur Tilgung steuerlicher Schulden ist der Testamentsvollstrecker in diesen Fällen nicht verpflichtet. Die Finanzbehörde kann im Weg der Zwangsvollstreckung nicht unmittelbar in den Nachlass vollstrecken, sondern lediglich in den Anspruch des Erben auf Erbauseinandersetzung bzw. auf Herausgabe (z. B. von Erträgen) gegen den Testamentsvollstrecker.
Soweit dem Testamentvollstrecker anstelle des Eigentümers des Nachlassvermögens oder anstelle des gesetzlichen Vertreters des Eigentümers die Verwaltung des Nachlassvermögens kraft letztwilliger Verfügung zusteht, erfüllt er die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 AO und hat - soweit seine Verwaltung reicht - auch die steuerlichen Pflichrten zu erfüllen. So hat der voll zur Verwaltung des Nachlasses befugte Testamentsvollstrecker alle bereits in der Person des Erblassers entstandenen Pflichten zu erfüllen. Das betrifft die Abgabe der rückständigen Steuererklärungen ebenso wie die Berichtigung solcher Erklärungen, die der Erblasser unrichtig bzw. unvollständig abgegeben hat. Auch die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten gehört zur Verwaltung des Nachlasses. Der Testamentsvollstrecker hat deshalb dafür zu sorgen, dass die diesbezüglichen steuerlichen Schulden aus dem von ihm verwalteten Nachlass getilgt werden.
Beziehen sich steuerliche Pflichten vollständig auf einen Gegenstand oder ein Geschäft, das vom Testamentsvollstrecker verwaltet wird, so erscheint es auf den ersten Blick als selbstverständlich, dass der Testamentsvollstrecker insoweit auch die steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat. Verwaltet er etwa ein zum Nachlass gehörendes Grundstück oder führt er ein Handelsgeschäft des Erblassers weiter, so könnte § 34 AO z. B. für die Grundstücksbewertung und die GrSt bzw. die betrieblichen Steuern gelten. Für die betrieblichen Steuern aus dem Handelsgeschäft ist jedoch in diesen Fällen mit der h. M. keine steuerliche Verpflichtung anzunehmen. Das beruht darauf, dass das Weiterführen des Handelsgeschäfts nicht allein auf der Testamentsvollstreckung beruhen kann, da der Testamentsvollstrecker in dieser Eigenschaft für den Erben keine Verbindlichkeiten eingehen kann, die über den Nachlass hinausreichen. Das Argument kann allerdings nicht gelten, wenn der Erbe durch die letztwillige Verfügung des Erblassers eine Bedingung oder Auflage des Inhalts erhalten hat, dem Testamentsvollstrecker im Rahmen der Fortführung des Handelsgeschäfts unbeschränkte Verpflichtungen zu gestatten. In diesem Fall hat der Testamentsvollstrecker für das Handelsgeschäft die uneingeschränkte Verwaltung und damit die entsprechende steuerliche Verpflichtung. Für ein in die Verwaltung des Testamentsvollstreckers fallendes Grundstück obliegen dem Testamentsvollstrecker die die Bewertung und die GrSt betreffenden steuerlichen Pflichten, da diese über den Bereich der Verwaltung nicht hinausreichen.