2.14.1 Allgemeines
2.14.1.1 Zweck der Norm
Rz. 109
§ 379 Abs. 2 Nr. 1e bis 1g AO wurden im Jahr 2019 eingefügt. Die Bußgeldvorschrift dient der Umsetzung des Art. 25a EU-AmtshilfeRL in der durch die RL (EU) 2018/822 geänderten Fassung. Durch Art. 25a der EU-AmtshilfeRL werden die Mitgliedstaaten zur „wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden“ Sanktionierung von Verstößen gegen die in Umsetzung des Art. 8ab in der durch die RL (EU) 2018/822 geänderten EU-AmtshilfeRL erlassenen nationalen Vorschriften verpflichtet. In Deutschland handelt es sich dabei um die Regelungen der §§ 138d ff. AO, mit denen der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, grenzüberschreitende Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zeitnah zu identifizieren und zu verringern, um die Erosion des deutschen Steuersubstrats zu verhindern.
Rz. 110
Im Hinblick auf die zeitliche Anwendbarkeit des § 379 Abs. 2 Nr. 1e bis g AO ist zu berücksichtigen, dass die Norm gem. Art. 97 § 33 Abs. 3 EGAO ab dem 1.7.2020 auf alle Fälle anzuwenden ist, in denen das nach § 138f Abs. 2 AO maßgebliche Ereignis – die grenzüberschreitende Steuergestaltung wurde zur Umsetzung bereitgestellt, der Nutzer ist zur Umsetzung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung bereit oder mindestens ein Nutzer der grenzüberschreitenden Steuergestaltung hat den ersten Schritt der Umsetzung dieser Steuergestaltung gemacht – nach dem 30.6.2020 eingetreten ist.
2.14.1.2 Tathandlung
Rz. 111
§ 379 Abs. 2 Nr. 1e AO erfasst
1. Verstöße gegen die Mitteilungspflicht aus § 138d Abs. 1 AO, wobei sich die Art und Weise, in der die jeweilige Mitteilung zu erfolgen hat, aus § 138f Abs. 1, 2 und 3 S. 1 Nr. 1 bis 7, 9 und 10 AO ergibt., sowie
2. Verstöße gegen die Aktualisierungspflicht gem. § 138h Abs. 2 AO.
Rz. 112
Ein im Hinblick auf § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO relevanter Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 138d Abs. 1 AO liegt vor, wenn die Mitteilung gem. § 138d Abs. 1 AO gar nicht erfolgt, sie nicht vollständig ist oder die Mitteilung nicht i. S. d. § 138f Abs. 2 AO rechtzeitig erfolgt. Im Hinblick auf die Vollständigkeit der Mitteilung ist zu beachten, dass der Vollständigkeitsbegriff des § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO nicht dem des § 138f Abs. 3 AO entspricht. Die Verpflichtung zur Angabe des tatsächlichen oder voraussichtlichen wirtschaftlichen Werts der grenzüberschreitenden Steuergestaltung aus § 138f Abs. 3 Nr. 8 AO wird von § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO – entgegen dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers – nicht erfasst, da Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm bestanden.
Rz. 113
§ 379 Abs. 2 Nr. 1e AO erfasst auch die nicht formgerechte Mitteilung oder Mitteilung an einen falschen Adressaten, wie sich aus der Inbezugnahme des § 138f Abs. 1 AO ergibt. Es ist unschädlich, dass es sich insoweit nicht um ausdrücklich genannte Tatbestandshandlungen handelt.
Rz. 114
Ein Verstoß gegen die Aktualisierungspflicht gem. § 138h Abs. 2 AO liegt vor, wenn die Mitteilung über Änderungen und Ergänzungen gem. § 138h Abs. 2 AO bei marktfähigen grenzüberschreitenden Steuergestaltungen i. S. d. § 138h Abs. 1 AO nicht, nicht vollständig i. S. d. § 138h Abs. 2 S. 1 und 2 AO oder nicht rechtzeitig i. S. d. § 138h Abs. 2 S. 1 AO erfolgt.
Rz. 115
Im Hinblick auf den Verstoß gegen die Aktualisierungspflicht gem. § 138h Abs. 2 AO ist problematisch, ob auch insoweit die nicht formgerechte Übermittlung sowie die Übermittlung an den falschen Adressaten bußgeldbewehrt ist. Teilweise wird dies verneint, da es sich in § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO lediglich um eine pauschale Verweisung auf § 138h Abs. 2 AO handele und somit keine ausreichende Sanktionsklarheit gegeben sei. Dies dürfte jedoch unzutreffend sein. Die Verweisung bezieht sich ausdrücklich auf den gesamten Absatz des § 138h Abs. 2 AO, der unter anderem auch konkrete Regelungen zur Form und zum Adressaten enthält. Dass diese sich erst in Satz 3 des Absatzes 2 finden, führt nicht zur Unklarheit. Vielmehr ist auch dieser Satz eindeutig in Bezug genommen und die im Hinblick auf die Mitteilungen sich aus ihm ergebenden Voraussetzungen – Adressat: BZSt; Form: amtlich vorgeschriebener Datensatz – sind klar. Folglich erfüllen auch nicht formgerechte Übermittlungen und Übermittlungen an den falschen Adressaten den Tatbestand des § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO.
Rz. 116
Unrichtige Mitteilungen sind hingegen – anders als in § 379 Abs. 2 Nr. 1f AO – nicht tatbestandsmäßig i. S. d. § 379 Abs. 2 Nr. 1e AO. Selbiges gilt, wenn die – eigentlich erforderlichen – Angaben dem die Mitteilung Unterlassenden nicht "zur Verfügung stehen".