Rz. 13
Gemäß § 10 Abs. 1 StBerG muss die Finanzverwaltung auch außerhalb von Bußgeldverfahren den Steuerberaterkammern Pflichtverletzungen mitteilen, die eine nach §§ 3, 3a, 4 Nr. 1 und 2 StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen berechtigte Person begangen hat. Ein Ermessensspielraum besteht nach Ansicht der Verwaltung insoweit nicht. Da diese Regelung unabhängig von der tatsächlichen Hilfeleistung in Steuersachen ist, sind davon auch zum Steuerberater bestellte Personen vor Aufnahme ihrer beratenden Tätigkeit und alle Rechtsanwälte erfasst. Gem. § 10 Abs. 1 a. E. StBerG verstößt eine Mitteilung auf der Grundlage des § 10 StBerG nicht gegen das Steuergeheimnis.
Die Bestimmung erstreckt die Mitteilungspflicht im Gegensatz zu § 411 AO auf alle Verstöße, die bei der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen begangen worden sind und erfasst auch alle anderen Pflichtverletzungen, also Verstöße gegen § 57 StBerG, die nicht unmittelbar bei der Berufsausübung begangen worden sind.
In Ergänzung zur Regelung des § 10 Abs. 1 StBerG gibt § 10 Abs. 2 und 3 StBerG den Finanzbehörden die Möglichkeit, auch andere Informationen an die Berufskammern weiterzugeben. Beispielhaft sind Hinweise auf einen Vermögensverfall beim Berufsangehörigen zu nennen, die sich insb. aus hohen Steuerschulden oder Vollstreckungsrückständen ergeben können und denen im Hinblick auf einen Widerruf der Bestellung ebenso Bedeutung zukommen kann wie einer Steuerhinterziehung oder Sucht oder lang andauernde Erkrankung eines Berufsangehörigen. Im Gegensatz zu Mitteilungen nach § 10 Abs. 1 StBerG darf die Übermittlung nach § 10 Abs. 2 und 3 StBerG allerdings nur erfolgen, soweit hierdurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse das Geheimhaltungsinteresse der Beteiligten überwiegt. Sie muss unterbleiben, wenn besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Das Steuergeheimnis steht allerdings auch insoweit der Übermittlung nicht entgegen.
Im Gegensatz zu den Mitteilungen nach § 411 AO sollen Mitteilungen nach § 10 StBerG jedoch nicht unmittelbar an die für die Verfolgung von Pflichtverletzungen zuständige Stelle erfolgen. Vielmehr hat im Interesse einer einheitlichen Handhabung das FA, das die Pflichtverletzung festgestellt hat, an die vorgesetzte Dienstbehörde zu berichten, die über die Unterrichtung der Berufskammern entscheidet. Zu berichten ist bereits, wenn ein ausreichender Verdacht einer Berufs- oder Amtspflichtverletzung besteht. Nach Ansicht der Verwaltung muss mithin der konkrete Verdacht bestehen, dass der Berufsangehörige seine Pflichten nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv verletzt hat. Es muss folglich ein dem Berufsangehörigen zuzurechnendes Verschulden hinzukommen. Dies ist i. d. R. zu bejahen, wenn der Betreffende fahrlässig, leichtfertig oder gar vorsätzlich gehandelt hat. Bei offenkundig versehentlicher oder unverschuldeter Pflichtverletzung soll hingegen eine Mitteilung deshalb nicht erfolgen. Im Hinblick auf den erforderlichen Verdachtsgrad reichen für die Mitteilung weder Vermutungen noch Schlussfolgerungen aus. Vielmehr muss ein (hinreichender) Verdacht gegeben sein, der bei vorläufiger Bewertung der Pflichtverletzung und der Schuld des Berufsangehörigen eine spätere Ahndung oder Verurteilung wahrscheinlich macht. Der Ausgang eines etwaigen Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist jedoch nicht abzuwarten.
Eine Besonderheit dürfte allerdings bei Notaren im Hinblick auf allein auf § 64a Abs. 2 BNotO zu stützenden Mitteilungen der FÄ an die Notaraufsichtsbehörden zu berücksichtigen sein: In ihnen darf nach der BNotO nur die Höhe der Steuerrückstände genannt werden, es dürfen hingegen keine Informationen zu durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen übermittelt werden. Dies gilt nach bestehender Erlasslage allerdings nicht, soweit gleichzeitig eine Mitteilungspflicht der FÄ wegen Berufspflichtverletzungen nach § 10 Abs. 1 i. V. m. § 4 Nr. 1 StBerG besteht.
Es ist jedoch zu bedenken, dass durch die umfassenderen Rechte zur Informationsweitergabe des § 10 StBerG die Regelung des § 64a Abs. 2 BNotO leer laufen würde. Die BNotO erlaubt nur die Weitergabe der Höhe der Steuerrückstände, wenn diese Information dazu geeignet ist, ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Notar einzuleiten. Insofern geht § 64a Abs. 2 BNotO als lex specialis für Notare dem § 10 StBerG vor, sodass insoweit lediglich entsprechend der BNotO ein nicht beitreibbarer Rückstand (also keine Zahlungsvereinbarung oder mehrere erfolglose Vollstreckungsversuche) gemeldet werden darf.