Dr. Zacharias-Alexis Schneider
Rz. 1
§ 80 AO wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Steuerverfahrens v. 18.7.2016 mit Wirkung zum 1.1.2017 neu gefasst. Er regelt die Zulässigkeit der Vertretung des Stpfl. durch Bevollmächtigte als gewillkürte Vertreter sowie die Unterstützung des Stpfl. durch Beistände im steuerlichen Verwaltungsverfahren. Eine Vertretung ist in jedem Abschnitt des Steuerverwaltungsverfahrens zulässig.
Abs. 1 bestimmt hierbei neben der Zulässigkeit, dem Umfang und der Beendigung der Bevollmächtigung, insbesondere auch den Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Veränderung der Vollmacht. Abs. 2 regelt eine gesetzliche Vermutung einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zugunsten Angehöriger der steuerberatenden Berufe. Abs. 3 legitimiert die Finanzbehörde, den Nachweis der Bevollmächtigung jederzeit auch ohne besonderen Anlass zu fordern. Abs. 4 ergänzt Abs. 1 und bestimmt den Umfang und die Beendigung einer Vollmacht bei Veränderungen in der Person des Vollmachtgebers. Abs. 5 regelt die Pflichten der Finanzbehörde gegenüber einem Bevollmächtigten und dem vertretenen Beteiligten. Abs. 6 betrifft die Zulässigkeit der Hinzuziehung von Beiständen. Die Abs. 7 – 10 bestimmen die obligatorische oder fakultative Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beiständen sowie deren Rechtsfolgen.
1.1 Anwendungsbereich des § 80 AO
Rz. 2
Selbst handlungsfähige Beteiligte i. S. d. § 78 AO und gesetzliche Vertreter nicht handlungsfähiger Beteiligter können sich im steuerlichen Verwaltungsverfahren gegenüber der Finanzbehörde durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Das Steuerrecht bietet für den Bürger teilweise erhebliche rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, sodass dieser sich sachkundiger Unterstützung bedienen muss oder sollte. § 80 AO soll die "Waffengleichheit" zwischen dem Stpfl. und der regelmäßig sachkundigeren und routinierten Finanzverwaltung fördern, indem der Stpfl. das Recht, aber nicht die Pflicht erhält, sich sachkundiger Berater zu bedienen. Die generelle Zulässigkeit der Vertretung im Verwaltungsverfahren ist damit ein aus dem Rechtsstaatsprinzip erwachsendes Verfahrensgrundrecht und ein Gebot der Verfahrensfairness. Sie sichert zudem die Objektivität der Besteuerung. Die Kosten für Vertretung im finanzbehördlichen Verfahren hat regelmäßig der Stpfl. zu tragen.
Aus den Schwierigkeiten des Steuerrechts ergibt sich jedoch kein Anspruch des Stpfl. auf (kostenfreie) Beiordnung eines Bevollmächtigten. Er ist wiederum auch nicht verpflichtet, sich vor den Finanzbehörden vertreten oder unterstützen zu lassen. Dies gilt selbst dann, wenn der Beteiligte nicht zu einem sachgemäßen Vortrag in der Lage ist. Etwas anderes gilt wiederum für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden.
Wird ein Beteiligter wirksam durch einen Bevollmächtigten vertreten, ist der Beteiligte grundsätzlich nicht verpflichtet – wohl aber berechtigt – persönlich am finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren teilzunehmen. Ausnahmen hiervon stellen etwaige unvertretbare höchstpersönliche Verfahrenshandlungen dar.
Rz. 3
§ 80 AO trifft nur eine Regelung für die "gewillkürte" Vertretung, also für den rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten. Dieser erlangt seine Vertretungsmacht, d. h. seine rechtliche Befugnis, für den Vertretenen im steuerlichen Verwaltungsverfahren zu handeln, durch den Willen und die Vollmacht des Vertretenen. Die Regelungen des § 80 AO sind dagegen insbesondere nicht auf die gesetzlichen und organschaftlichen Vertreter anwendbar.
Nicht zum Verwaltungsverfahren gehört das Strafverfahren wegen Steuerstraftaten bzw. das Bußgeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten, auch wenn und soweit Finanzbehörden tätig sind.