Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
1 Bundesfinanzbehörden – Landesfinanzbehörden
Rz. 1
Die beiden Vorschriften §§ 1 und 2 FVG enthalten eine Aufzählung der Bundesfinanzbehörden und Landesfinanzbehörden, jeweils in Stufen gegliedert. Wegen des in den Ländern inzwischen sehr unterschiedlichen Aufbaus der Bundes- und Landesfinanzverwaltung (z. B. beim Vorhandensein von Oberbehörden oder Mittelbehörden) sind mit der Bemerkung "soweit errichtet" auch unterschiedliche gesetzliche Organisationsgrundlagen vorgesehen. Die Aufgaben der einzelnen Behörden und teilweise auch ihr Aufbau sind in weiteren Vorschriften des FVG geregelt.
Rz. 2
Neben dem BMF und den für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesfinanzbehörden (z. B. Landesfinanzministerium, Senat, Finanzsenator), die in § 3 Abs. 1 und 2 FVG mit ihren Leitungsfunktionen genannt werden, den Oberbehörden und den Mittelbehörden, soweit errichtet, sowie den Hauptzollämtern, Zollfahndungsämtern und Finanzämtern nennen §§ 1 und 2 FVG noch eine Reihe von Bundesoberbehörden und das Zollkriminalamt sowie die den Ländern eingeräumte Möglichkeit zur besonderen Organisation eines Rechenzentrums der Landesfinanzverwaltung nach Wahl auf einem der vier Bereiche der Finanzverwaltung und für die Bestimmung einer besonderen Landesfinanzbehörde für Kassengeschäfte. Das FVG enthält dabei besondere Regelungen nur für das BZSt. Die Regelungen für das in § 1 Nr. 3 FVG genannte Zollkriminalamt und über die Unterstellung der Zollfahndungsämter sind jetzt im Gesetz über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter v. 16.8.2002 enthalten, das zuletzt durch Gesetz v. 31.10.2006 geändert worden ist. Die früheren Vorschriften über die Bundesvermögensämter und Bundesforstämter sind auf dem durch den früheren § 2b FVG geöffneten Weg überflüssig und beseitigt worden, nachdem die Aufgaben der Bundesvermögensämter und der Bundesforstämter zum 1.1.2005 auf die neu errichtete Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergegangen sind. Für andere dem BMF unterstellte Dienststellen und Behörden enthält das FVG keine Regelungen (z. B. Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen).
Rz. 3
Eine eigenartige Konstruktion ist die Zuständigkeit des BZSt gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG für die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62–78 EStG. Die Agentur für Arbeit stellt dem BZSt zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Für die Festsetzung und Zahlung des Kindergelds an Angehörige des öffentlichen Dienstes gem. § 72 EStG können Bundesfamilienkassen oder Landesfamilienkassen tätig werden. Diese Familienkassen gelten als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienleistungsausgleich durchführen (s. § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG; vgl. § 5 FVG Rz. 12).
2 Gliederung
Rz. 4
§§ 1 und 2 FVG geben die Dreistufigkeit des Aufbaus der Finanzverwaltung des Bundes und der Länder wieder, von der bereits Art. 108 Abs. 1, 2 GG grundsätzlich ausgeht. Oberste Bundesfinanzbehörde ist das BMF. Wird das BMF vorübergehend oder auf Dauer mit einem anderen Bundesressort zusammengefasst (so in der Vergangenheit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft geschehen) oder einem anderen Ressort angegliedert, so ist das für die Finanzen zuständige Ministerium die oberste Bundesbehörde. Drei selbstständige Oberbehörden gehören sodann nach der Aufzählung in § 1 Nr. 2 FVG neben den drei eigentlichen Stufen der obersten Behörden, Mittelbehörden und örtlichen Behörden zur Bundesfinanzverwaltung. Ihre Aufgaben und ihr Sitz ergeben sich gem. Art. 87 Abs. 3 GG und § 4 FVG aus dem FVG oder anderen Bundesgesetzen.
Rz. 5
Als oberste Landesbehörde bezeichnet § 2 Abs. 1 FVG nicht das Landesfinanzministerium, sondern die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde. In einigen Bundesländern ist das Finanzressort mit anderen Ressorts zusammengefasst (z. B. im Saarland). In den Stadtstaaten Berlin und Bremen ist der Senator für Finanzen oberste Landesfinanzbehörde, während in Hamburg nach der Hamburgischen Verfassung der Senat oberste Landesbehörde ist, die Funktionen jedoch durch einzelne Senatsanordnungen auf den Finanzsenator übertragen hat bzw. bei neuen Zuständigkeiten für die obersten Landesbehörden überträgt. § 2 Abs. 2 FVG räumt den Ländern die Möglichkeit ein, durch Rechtsverordnung der zuständigen Landesregierung oder nach Delegation durch die zuständige oberste Landesbehörde ein Rechenzentrum der Landesfinanzverwaltung als Teil der obersten Landesbehörde, als Oberbehörde oder Teil einer solchen, als...