1 Allgemeines
Rz. 1
§ 10 PStTG regelt die Möglichkeit, einen gebührenpflichtigen Antrag beim BZSt zu stellen, um eine Auskunft über das Vorliegen einer Plattform oder einer relevanten Tätigkeit zu erhalten.
Betroffene sollen hierdurch Rechtssicherheit darüber erlangen, ob ihr Geschäftsmodell unter den Anwendungsbereich des PStTG fällt.
2 Verfassungsrechtlicher Kontext
Rz. 2
Die Auskunft nach § 10 Abs. 1 PStTG ist der jüngste in einer Reihe von Auskunftstatbeständen, mit denen der Gesetzgeber kooperative Elemente in den Steuervollzug implementiert hat. Steuerrechtliche Auskünfte – etwa die verbindliche Auskunft oder die Lohnsteueranrufungsauskunft – dienen dabei dem Zweck, dem Antragsteller Rechtssicherheit in Bezug auf bestimmte steuerlich relevante Sachverhalte zu verschaffen. Die Gewährung von Dispositionssicherheit besitzt darüber hinaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension. Denn der Gesetzgeber bedient sich im Rahmen des Steuervollzugs privater Dritter zur Erfüllung genuin staatlicher Aufgaben, nämlich der Gewährleistung einer gleich- und rechtmäßigen Besteuerung. Die Erfüllung dieser Pflichten sichern dabei umfangreiche Haftungstatbestände. In diesem Spannungsfeld aus staatlichen Aufklärungs- und privaten Mitwirkungspflichten erfüllen die steuerlichen Auskunftstatbestände eine verfassungsrechtlich gebotene Ausgleichsfunktion, um den Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Unternehmer auf ein verfassungskonformes Maß zu reduzieren.
3 Rechtsnatur der Auskunft nach § 10
Rz. 3
Die Auskunft nach § 10 Abs. 1 PStTG ist ein aufgrund des Antragserfordernisses mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO. Der Eintritt ihrer einseitig begünstigenden Rechtswirkung steht dabei unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Disposition durch den Antragsteller und ist somit aufschiebend bedingt.
4 Gegenstand der Auskunft
Rz. 4
Gemäß § 10 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 PStTG kann eine Auskunft über das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 PStTG erfolgen. Vorgesehen sind damit Auskünfte über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Plattform sowie über das Vorliegen relevanter Tätigkeiten. Dabei stehen die beiden Varianten der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 PStTG keineswegs in einem Exklusivitätsverhältnis. Vielmehr ist auch eine kombinierte Abfrage beider Tatbestände im Rahmen desselben Antrags zulässig.
4.1 Grundsätzlich beschränkte Auskunftsmöglichkeiten
Rz. 5
Die Beschränkung der Auskunftsmöglichkeit auf diese beiden Varianten verwundert. Denn in der Praxis sind weitere problematische Fallgestaltungen denkbar, die mit einem erheblichen Auskunftsinteresse des einzelnen Plattformbetreibers einhergehen, jedoch nicht im Wege der Auskunft nach § 10 Abs. 1 PStTG abgefragt werden können. Hierunter fallen etwa Abgrenzungsfragen bei der Wertaufteilung nach § 15 Abs. 4 PStTG und bei der Subsumtion des dort verwendeten Begriffs der "Verkehrsanschauung". Diese Sachverhalte sind für die Vermeidung einer sanktionierten Falschmeldung von erheblicher praktischer Relevanz.
4.2 Keine ergänzende Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO
Rz. 6
Der eingeschränkte Anwendungsbereich der Auskunft nach § 10 Abs. 1 PStTG verleitet zur Überlegung, weitergehende Rechtsfragen in Bezug auf das PStTG mithilfe einer verbindlichen Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO abzufragen. Die Auskunft nach § 10 Abs. 1 PStTG hat jedoch abschließenden Charakter, sodass ein Rückgriff auf die verbindliche Auskunft weder mithilfe der Öffnungsklausel des § 1 Abs. 2 PStTG noch im Wege einer Gesetzesanalogie in Betracht kommt. Insbesondere eine analoge Anwendung des § 89 Abs. 2 AO würde der gesetzgeberischen Konzeption des Auskunftstatbestandes zuwiderlaufen. Sie wäre vor diesem Hintergrund mangels Regelungslücke nicht zu rechtfertigen.
5 Antragsverfahren
Rz. 7
Das Auskunftsverfahren wird gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 PStTG durch einen schriftlichen oder elektronischen Antrag beim BZSt eingeleitet. Die inhaltlichen Anforderungen konkretisiert der Katalog des § 10 Abs. 2 Satz 2 PStTG, der sich an den Voraussetzungen einer verbindlichen Auskunft orientiert. Neben einer umfassenden und in sich geschlossenen Sachverhaltsdarstellung müssen unter anderem ein besonderes Interesse des Antragstellers, der eigene Rechtsstandpunkt sowie die zu beantwortenden Rechtsfragen dargelegt werden.
5.1 Antragsteller
Rz. 8
Als Antragsteller kommen ausschließlich (potenzielle) Plattformbetreiber in Betracht. Das PStTG verpflichtet nämlich lediglich Plattformbetreiber und erklärt diese auch zu Adressaten etwaiger Zwangsmaßnahm...