Rz. 6

Der Dritte Teil der Abgabenordnung soll die grundlegenden Rahmenbedingungen zur Durchführung des Steuerverfahrens beschreiben. Das Steuerverfahrensrecht regelt hierbei die Art und Weise des Verwaltungsverfahrens und dient der Verwirklichung des materiellen Steueranspruchs der Finanzverwaltung unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze.

 

Rz. 7

Gem. Art. 108 GG obliegt den Finanzbehörden die Verwaltung von Steuern. Sie sind in erster Linie Träger des Steuerverwaltungsverfahrens. Ziel dieses Verfahrens ist nach § 85 S. 1 AO die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach Maßgabe der Steuergesetze. Das zwischen dem Staat und den Bürgern infolge der Einbindung in die Staatsgewalt bestehende öffentlich-rechtliche Steuerverwaltungsrechtsverhältnis kann sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, ohne dass es einer besonderen Handlung seitens der Finanzbehörde bedarf, z. B. bei den in verschiedenen Gesetzen normierten Anzeige- und Auskunftspflichten wie der in § 138 AO normierten Anzeigepflicht bei Eröffnung eines Gewerbebetriebs. Das Steuerschuldverhältnis muss demgegenüber durch eine Maßnahme der Finanzbehörde konkretisiert werden. Dieses erfolgt i. d. R. durch einen Verwaltungsakt. So muss z. B. nach § 218 Abs. 1 AO der gesetzlich entstandene Steueranspruch, erst durch einen Steuerbescheid auf eine bestimmte Zahlungspflicht festgesetzt werden.

 

Rz. 8

Die Abwicklung des Verwaltungsrechtsverhältnisses erfolgt durch das Verwaltungsverfahren nach den hierfür geltenden Rechtsnormen, dem Verwaltungsverfahrensrecht. Die AO enthält selbst keine Begriffsbestimmung des Verwaltungsverfahrens, obgleich der Begriff in verschiedenen Bestimmungen Verwendung findet. Es wird insoweit der Inhalt der Legaldefinition des § 9 VwVfG auch für die AO zugrunde gelegt. Das Verwaltungsverfahren ist danach die das zum Bürger – hier als "Beteiligter" bezeichnet – bestehende Verwaltungsrechtsverhältnis konkretisierende Tätigkeit der Behörde. Zum Erlass eines Verwaltungsakts gehört notwendig dessen Bekanntgabe, da dieser erst hierdurch im Verhältnis zum Bürger rechtswirksam wird.[1] Darüber hinaus umfasst das Verwaltungsverfahren auch die Durchsetzung (Verwirklichung) nach § 218 AO und die Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Maßnahme nach § 249 Abs. 1 AO. Das Steuerrecht bildet somit einen Teilbereich der sog. Eingriffsverwaltung, im Rahmen dessen der Stpfl. und/oder Beteiligte hoheitlichem Handeln unterworfen ist und in einem Unterordnungsverhältnis zur Finanzverwaltung steht.

Dies erfordert aus rechtsstaatlichen Gründen ein Verfahrensrecht, das die Eingriffsrechte der Finanzverwaltung beschreibt und begrenzt, dem Stpfl. und/oder Beteiligten neben Pflichten auch Rechte einräumt, diese Rechte und Pflichten des Stpfl. oder Beteiligten möglichst zweifelsfrei definiert und festlegt und ihm die Wahrung seiner Rechte möglich macht. Die Auslegung der Rechtsnormen haben sich hierbei an denen sich grds. gegenüberstehenden berechtigten Interessen an einer gesetzmäßigen Besteuerung einerseits und einem schonenden staatlichen Eingriff anderseits zu orientieren. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften haben i. d. R. nicht die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge, sondern führen grds. zur Anfechtbarkeit der insoweit belasteten Verwaltungsakte. Verwaltungsakte können gem. § 127 AO nicht bereits deshalb aufgehoben werden, weil Vorschriften über das Verfahren oder die Form bei Erlass verletzt wurden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

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