Rz. 20
Es besteht Begründungszwang. Die Voraussetzungen der Fehlerhaftigkeit der gerichtlichen Entscheidung müssen substanziiert dargelegt werden. Dies erfordert bei der Rüge von Verfahrensfehlern die genaue Angabe der Tatsachen, die nach der Meinung des Rügenden den Mangel schlüssig ergeben. Es muss somit außer der Angabe der Tatsachen dargelegt werden, dass die angegriffene Entscheidung, ausgehend vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts, auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, d. h., dass die Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung ohne den Verfahrensverstoß anders, und zwar für den Rügenden günstiger, ausgefallen wäre, dass der Verfahrensfehler also entscheidungserheblich ist. Schlüssigkeit ist gegeben, wenn die vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, den Verfahrensmangel begründen. Das mit der Sache erneut befasste Gericht muss allein anhand der Rügebegründung – ohne Prüfung der Akten – in die Lage versetzt werden, die Möglichkeit des Vorliegens eines Verfahrensmangels zu prüfen.
Dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht das Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.
Fehlt es an einem schlüssigen Vortrag, ist die Rüge – ebenso wie eine daneben erhobene Gegenvorstellung – als unzulässig zu verwerfen. Die Darlegung erfordert ein Mindestmaß an Klarheit und Nachvollziehbarkeit. Daran kann es bei lediglich zusammenkopierten Schriftsätzen ohne konkreten Sachbezug fehlen.
3.4.3.1 Darlegung der Gehörsverletzung
Rz. 21
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 hebt besonders hervor, dass die Gehörsverletzung entscheidungserheblich sein muss. Das ist in der Rügebegründung darzulegen. Die Rügebegründung ist Zulässigkeitsvoraussetzung. Bei einer Anhörungsrüge gegen eine Entscheidung des BFH muss daher vorgetragen werden, dass dieser – und nicht das FG in der vor dem BFH angefochtenen Entscheidung – das rechtliche Gehör verletzt hat. Bei einer Anhörungsrüge gegen einen die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss des BFH ist somit vorzutragen, dass der BFH bei seiner Beschwerdeentscheidung ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung von Zulassungsgründen nicht zur Kenntnis genommen hat und dass die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen.
Die schlüssige und nachvollziehbare Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert die substanziierte Darlegung, zu welchen Sachfragen und Rechtsfragen sich der Beteiligte in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht äußern konnte oder welches Vorbringen das FG bzw. der BFH bei der Entscheidung nicht zur Kenntnis oder nicht in Erwägung gezogen hat und woraus der Rügeführer meint, dies folgern zu können. Bezieht sich der gerügte Verstoß nur auf einzelne Feststellungen, ist zusätzlich substanziiert darzulegen, wozu sich der Beschwerdeführer nicht hat äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre. Außerdem ist vorzutragen, dass der Verfahrensverstoß vor dem Gericht gerügt wurde bzw. dass keine Möglichkeit bestand, die Gehörsversagung bereits vor Ergehen einer Entscheidung zu rügen.
Die Darlegung muss – vergleichbar mit den Anforderungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde – überschaubar, klar und verständlich sein. Allein das Zusammenkopieren verschiedener Unterlagen genügt nicht.
Die Darlegungsanforderungen an die schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs entsprechen denen im Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren.. Anders als im Revisions- und Beschwerdeverfahren wird allerdings bei der Anhörungsrüge die Kausalität der Gehörsverletzung für die Entscheidung nicht gesetzlich vermutet. Daher ist in jedem Fall die Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Es muss zumindest dargelegt werden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne die Gehörsverletzung zu einer für den Rügeführer günstigeren Entscheidung gekommen wäre.
Die bloße Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit der Entscheidung genügt nicht. Deshalb ist z. B. die Rüge der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter bzw. die Unterlassung einer Vorlage an den EuGH nicht statthaft. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dem Zweck, die angefoch...