Rz. 31
Typischerweise wird das Rechtsgeschäft unmittelbar zwischen Anbietern und anderen Nutzern zustande kommen, für die die relevante Tätigkeit erbracht wird bzw. welche die Vergütung zahlen sollen. In diesen Fällen liegt eine direkte Leistungsbeziehung vor, die die Plattform gewährleistet. Häufig erwirbt aber auch der Plattformbetreiber Leistungen, die Anbieter auf der Plattform für andere Nutzer anbieten, um sie anschließend im eigenen Namen für andere Nutzer zu erbringen. Ein solcher "indirekter Austausch" von Leistungen zwischen Anbietern und Nutzern fällt nach Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich unter den Begriff der Plattform. Wird die Leistung der Anbieter dabei um weitere Leistungsbestandteile ergänzt, so ist der Plattformbetreiber selbst alleinige oder zusätzliche Partei des Rechtsgeschäfts bzw. der Rechtsgeschäfte, die mit Anbietern oder anderen Nutzern zustande kommen.
Rz. 32
Beispiel 5: Restaurantbetreiber R ist als Nutzer einer von Betreiber B betriebenen Plattform registriert, um Mahlzeiten anzubieten. Anlässlich der Bestellung einer Mahlzeit durch den Nutzer N bei R erwirbt B von R die geschuldete Mahlzeit. B veräußert die Mahlzeit an N im eigenen Namen weiter und liefert sie mit einem Kurier an den N aus.
Rz. 33
§ 3 Abs. 1 Satz 2 PStTG bezieht sich bewusst auf den Betreiber des Systems, nicht auf den Plattformbetreiber. Der Grund hierfür ist, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 das System zu einer Plattform i. S. d. PStTG werden lässt. Schließlich muss zwischen dem Betreiber des Systems und dem Plattformbetreiber keine Identität bestehen. Plattformbetreiber ist gemäß § 3 Abs. 2 PStTG, wer sich gegenüber dem Anbieter vertraglich verpflichtet, die Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber ist Betreiber eines Systems derjenige, der die maßgebliche Verfügungs- und Steuerungsgewalt über dieses System ausübt.
Rz. 34
Sofern der Betreiber eines Systems Nutzern Leistungen anbietet, welche Dritte beziehen, die selbst keine registrierten Anbieter sind, liegt keine Plattform im Sinne des Abs. 1 Satz 2 vor.
Rz. 35
Beispiel 6: Ein Spielwarenhändler S betreibt im Internet eine Webpräsenz, über welche er Spielsachen verkauft (Versandhandel). Die Spielsachen bezieht der S ausschließlich bei einem Großhändler G. Der G tritt auf der Webpräsenz des S nicht als Verkäufer der Waren in Erscheinung.
Im Beispiel 6 liegt keine Plattform vor, da es sich sowohl bei S als auch bei G nicht um Anbieter handelt.
Rz. 36
Beispiel 7: Der Kunde K erwirbt als Nutzer einer von Betreiber B betriebenen mobilen App einen Satz Fahrzeugreifen. B erwirbt die Fahrzeugreifen bei Großhändler G, der in der App des B nicht als Verkäufer auftritt. K lässt den Satz Fahrzeugreifen durch B an die Werkstatt W liefern und durch diese aufziehen. W wiederum nutzt die App des B als Anbieter für Reifenservice und ist dem K von B in der App als örtlicher Dienstleister vorgeschlagen worden.
Zwar sind weder B noch G Anbieter auf der App. Die von B betriebene App ermöglicht dem K aber, mit dem W, der die App als Anbieter nutzt, elektronisch ein Rechtsgeschäft abzuschließen, das auf die Erbringung einer persönlichen Dienstleistung für K gerichtet ist. Daher liegt im Beispiel 7 eine Plattform vor.