Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 41
Die Fiskalvertretung darf nach § 22a Abs. 1 UStG nur dann begründet werden, wenn der vertretene ausländische Unternehmer nur steuerfreie Umsätze ausführt und auch keine Vorsteuer abziehen kann. Eine unmittelbare Haftung aus einer Zahlungsverpflichtung wird sich damit für den Fiskalvertreter nach den Grundsätzen der Fiskalvertretung nicht ergeben.
Rz. 42
Die Frage der Haftung des Fiskalvertreters stellt sich aber dann, wenn der vertretene Unternehmer im Inland steuerpflichtige Umsätze ausführt oder Vorsteuer für ihm gegenüber ausgeführte Leistungen abziehen kann. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist in diesem Moment die Fiskalvertretung beendet, sodass Schuldner der USt – soweit es nicht zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG auf den Leistungsempfänger kommt – der ausländische Unternehmer ist. Das Finanzamt hat sich in diesen Fällen direkt an den im Ausland ansässigen Unternehmer zu wenden.
Rz. 43
Wird erst nach Ausführung einer Leistung – z. B. im Rahmen einer Prüfung durch die Finanzverwaltung – festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht vorliegen, soll der Fiskalvertreter nur nach den "allgemeinen Vorschriften" in Haftung genommen werden können. Eine Präzisierung, wie die allgemeinen Haftungsvorschriften auf den Fiskalvertreter angewendet werden sollen, wird von der Finanzverwaltung allerdings nicht vorgenommen. Da in diesen Fällen steuerpflichtiger Leistungen die Voraussetzungen für die Fiskalvertretung nicht vorgelegen haben können, kann der Fiskalvertreter weder Steuerschuldner noch Haftungsschuldner für eine bei dem leistenden Unternehmer entstehende USt sein. Eine Haftung kann sich für den Fiskalvertreter lediglich auf zivilrechtlicher Grundlage gegenüber dem vertretenen Unternehmer ergeben, wenn die Versagung der Steuerfreiheit einer Leistung auf ein Verschulden des Fiskalvertreters zurückzuführen ist. Dies wird sich in der Regel auf die nicht ordnungsgemäßen Buch- und Belegnachweise beziehen bzw. auf die Nichteinhaltung von Prüfaufgaben im Zusammenhang mit der USt-IdNr. eines Leistungsempfängers.
Rz. 43a
Ab dem 1.1.2020 ist für die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung notwendig, dass die Leistung zutreffend in der ZM mit angegeben worden ist. Stellt die Finanzverwaltung fest, dass für eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG keine zutreffende Angabe in der ZM gemacht worden ist und kann dieser Mangel auch nicht nach § 18a Abs. 10 UStG durch Korrektur geheilt werden, ist keine Steuerfreiheit gegeben. In diesem Fall würde sich für eine als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angenommene Leistung nachträglich eine Umsatzsteuerbelastung ergeben. Aufgrund der Übernahme aller Pflichten des leistenden Unternehmers durch den Fiskalvertreter scheint es gerechtfertigt, ihn für diese Umsatzsteuer als Steuerschuldner heranzuziehen.
Rz. 44
Ein weiteres Risiko kann sich für einen Fiskalvertreter ergeben, wenn in einer Rechnung eine USt nach § 14c UStG unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen wird. Da der Fiskalvertreter nur dann berufen werden kann, wenn der vertretene Unternehmer ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt, wird sich auch kein Steuerausweis in der Rechnung ergeben. Wird entgegen dieser Vorschriften dennoch USt gesondert in einer Rechnung ausgewiesen, schuldet der Rechnungsaussteller diese USt (vgl. § 22c UStG Rz. 16). In diesen Fällen ist der Fiskalvertreter originärer Steuerschuldner für diese unrichtig ausgewiesene USt.
Rz. 45
Da der Fiskalvertreter die Pflichten des vertretenen Unternehmers als eigene zu übernehmen hat, hat er auch die Fristen zur Erfüllung dieser Pflichten zu beachten. Erfüllt der Fiskalvertreter diese Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig, kann gegen ihn ein Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden. Darüber hinaus kann auch ein Bußgeld nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG verhängt werden, wenn eine ZM nach § 18a UStG nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht abgegeben wird. Weiterhin kann bei einer verspäteten Abgabe der ZM ein Verspätungszuschlag nach § 152 AO i. V. m. § 18a Abs. 11 UStG von bis zu 2.500 EUR festgesetzt werden.
Rz. 46
Ein Bußgeld könnte auch festgesetzt werden, wenn für eine steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 1 bis Nr. 7 UStG eine Rechnung nicht oder nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten ausgestellt wird, § 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG. In den Fällen der Fiskalvertretung besteht aber ein Wahlrecht, die Rechnung durch den Fiskalvertreter oder durch den leistenden Unternehmer auszustellen (vgl. Rz. 35). Soweit nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen klar ersichtlich ist, wen diese Rechnungsausstellungspflicht trifft, wird ein Bußgeld gegen den Fiskalvertreter nicht festgesetzt werden können. Gleiches gilt entsprechend bei einem Verstoß gegen die Aufbewahrungsverpflichtung für Rechnungen nach § 14b i. V. m. § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG.