4.1 Von der Steuerbefreiung potenziell erfasste Umsätze
Rz. 43
Die Umsätze nach § 4 Nr. 11b UStG i. d. F. bis 30.6.2010 müssen dem Postwesen dienen. Dieser Begriff ist weder im UStG noch im PostG näher definiert. Nach der Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 11b UStG i. d. F. bis 30.6.2010 sollten solche Dienste, die durch den Begriff Postwesen im herkömmlichen Sinne abgedeckt werden, unter die Steuerbefreiung fallen. Im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes hatte die Bundesregierung den Begriff des Postwesens als spezifisch postalische Beförderung von Nachrichten und Kleingütern insbesondere durch die Übermittlung in einem standardisierten und auf massenhaften Verkehr ausgelegten Transportnetz und durch festgelegte Gewichtsgrenzen umschrieben. Der Gesetzgeber ist somit wohl von den postalischen Tätigkeiten ausgegangen, die die Deutsche Bundespost innerhalb ihres Hoheitsbereichs erbrachte. Nachdem am 1.1.1998 das Postgesetz in Kraft getreten war und die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11b UStG dadurch nicht geändert wurde, konnte sich der Umfang der potenziell steuerfreien Umsätze im Wesentlichen aus dem Begriff der Postdienstleistungen nach dem PostG bestimmen.
Rz. 44
Die Umsätze nach § 4 Nr. 11b UStG i. d. F. bis 30.6.2010 müssen unmittelbar dem Postwesen dienen. Damit wird insbesondere darauf abgezielt, dass die Umsätze als Endverbrauchsumsätze unmittelbar den Postkunden zugutekommen müssen und es sich nicht um Transaktionen handeln kann, die dem Postwesen dienende Umsätze erst ermöglichen oder typischerweise in ihrem Gefolge vorkommen, wie z. B. Hilfsumsätze (z. B. Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen oder Einrichtungsgegenständen durch die DP AG). Andere mit postalischen Umsätzen in Verbindung stehende Leistungen, wie z. B. der Verkauf von Briefumschlägen, Kartons für Postpakete, Schreibwaren, Zeitschriften oder z. B. von Süßwaren, fallen nicht unter die Steuerbefreiung.
Rz. 45
Die Umsätze nach § 4 Nr. 11b UStG i. d. F. bis 30.6.2010 müssen – insoweit ist der Wortlaut der Steuerbefreiung eindeutig – von der DP AG bewirkt werden. Umsätze anderer Unternehmer fallen auch dann nicht unter die Steuerbefreiung, wenn sie an die DP AG bewirkt werden. Zu dem Fall, dass die DP AG sog. Konsolidierern, die Inhaber einer postrechtlichen Lizenz gem. § 51 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 PostG sind und Briefsendungen eines oder mehrerer Absender bündeln und vorsortiert in die Briefzentren der DP AG einliefern, nachträglich Rabatte auf die offiziellen Porti für diese Briefsendungen gewährt, hat das BMF Stellung genommen.
4.2 Tatsächlich unter die Steuerbefreiung fallende Umsätze
Rz. 46
In richtlinienkonformer Auslegung von § 4 Nr. 11b UStG i. d. F. bis 30.6.2010 setzt die Steuerbefreiung voraus, dass die Umsätze von der DP AG als öffentliche Posteinrichtung erbracht werden. Nur insoweit kann die Steuerbefreiung reichen. Fraglich ist, in welchen Bereichen die DP AG mit ihren Postdienstleistungen als öffentliche Posteinrichtung handelte und wo nicht. Nach seiner Weisung v. 18.2.2000 gegenüber dem FinMin Nordrhein-Westfalen ging der BMF davon aus, dass die Steuerbefreiung sich sowohl auf den Exklusivlizenzbereich als auch auf die Universaldienstleistungen erstreckte. Kein anderes Unternehmen als die DP AG könne (derzeit) die Universaldienstleistungen erfüllen und im Ergebnis sei dieses Leistungsbündel der DP AG eigentümlich und vorbehalten.
Rz. 47
Für die Möglichkeit der Anwendung der Steuerbefreiung auf die Universaldienstleistungen bis 30.6.2010 könnten folgende Überlegungen sprechen: Die Universaldienstleistungen, die ein Mindestangebot an Postdienstleistungen darstellen, musste die DP AG unter den in den §§ 2 bis 4 und 6 PUDLV genannten Anforderungen und Bedingungen flächendeckend erfüllen. Dabei werden Mindestanforderungen an die Qualitätsmerkmale für die Beförderung von Briefen, Paketen sowie von Zeitungen und Zeitschriften festgelegt. Wenn kein anderes Unternehmen diese Leistungen erfüllen konnte, waren diese Umsätze faktisch der DP AG eigentümlich und vorbehalten, d. h., die DP AG konnte wie ein Monopolist agieren. Zur Klarstellung hatte der Gesetzgeber im Zweiten Gesetz zur Änderung des Postgesetzes die DP AG verpflichtet, für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz (bis 2007) auch die Universaldienstleistungen bis dahin zu erbringen. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber selbst deutlich gemacht hatte, dass er diese Sicht der Dinge auch schon 1998 den damaligen Regelungen zugrunde gelegt hatte. Das Postgesetz sieht in den §§ 11ff. vor, dass die Regulierungsbehörde zur Gewährleistung des Universaldienstes erforderlichenfalls Unternehmen zu Universaldienstleistungen verpflichten kann. Dabei ging der Gesetzgeber für eine Übergangszeit von einer faktischen Erfüllung der Universaldienstverpflichtung durch die Deutsche Post AG aus. Durch Art. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des PostG wurde § 52 PostG dahingehend geändert, dass für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz die DP AG zur Erbringung der U...