Rz. 54
In der Praxis wird bei Verträgen über die Überlassung von Grundstücken bzw. Grundstücksteilen unterschieden zwischen
- Miet- oder Pachtvertrag im eigentlichen Sinne,
- gemischter Vertrag,
- Vertrag besonderer Art,
- Abbauvertrag und Ablagerungsvertrag.
Rz. 55
Welcher dieser Vertragstypen vorliegt, beurteilt sich nach dem objektiven Inhalt und der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen. Entscheidend ist nicht, ob der Vertrag nach seinem Wortlaut wesentlich auf die Merkmale einer Miete oder Pacht abstellt. Ebenfalls ist nicht ausschlaggebend, ob das Entgelt ziffernmäßig auf mehrere verschiedenartige Leistungen aufgeteilt ist.
2.3.1 Miet- oder Pachtvertrag
Rz. 56
Wesensbestimmend für den Mietvertrag ist die Einräumung des Gebrauchs. Besitz ist nur insoweit erforderlich, als der Gebrauch ihn voraussetzt. Der Gebrauch des Mieters braucht kein ausschließlicher Gebrauch zu sein, wenn nur die Gebrauchsberechtigungen verschiedener Personen nicht miteinander unvereinbar sind. Auch ein bloßer Mitgebrauch kann den Tatbestand der Miete erfüllen. Bei reinen Miet- oder Pachtverträgen unterliegt die Leistung mit Ausnahme der Umsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in vollem Umfang der Steuerbefreiung. Typisches Beispiel ist die Vermietung eines Gebäudes oder von Gebäudeteilen zu Wohnzwecken. Ein Miet- oder Pachtvertrag kann auch bei kurzfristiger Gebrauchsüberlassung vorliegen.
Rz. 57
Der Gebrauchsüberlassung muss nicht tatsächlich zivilrechtlich ein Mietvertrag zugrunde liegen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG gilt daher auch z. B. bei der Überlassung von Werkswohnungen an Arbeitnehmer. Nicht umsatzsteuerbar und damit weder steuerfrei noch steuerpflichtig sind Vermietungsleistungen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Dazu gehört z. B. die Überlassung von Übernachtungsmöglichkeiten in gemieteten Zimmern, wenn der Arbeitnehmer an weit von seinem Heimatort entfernten Tätigkeitsstellen eingesetzt wird.
Rz. 58
Reine Pachtverträge sind z. B. die Verpachtung von Wiesen als Weidefläche oder zur Grasgewinnung an Land- und Forstwirte, die Überlassung von Grundstücken zur Nutzung als Schafweide oder z. B. die Verpachtung von Verkaufs- und Lagerräumen in einem Krankenhaus zur Versorgung von Krankenhauspatienten, Patientenbesucher und Personal mit Erfrischungen.
Rz. 59
Eine reine Vermietungsleistung liegt z. B. bei der Vermietung von Läden in einer Ladenstraße vor.
2.3.2 Gemischter Vertrag
Rz. 60
Ein gemischter Vertrag liegt vor, wenn er sowohl die Merkmale einer Vermietung/Verpachtung als auch die Merkmale anderer Leistungen, d. h. Elemente der Nutzungsüberlassung an anderen Gegenständen als Grundstücken oder aufgrund anderer Rechtsbeziehungen enthält. Die verschiedenen Merkmale müssen in dem Vertrag jedoch so stark vertreten sein, dass jedes Element umsatzsteuerrechtlich beachtlich bleibt und das Gepräge des Vertrags nicht durch das eine oder andere Element allein bestimmt wird. Liegt eine einheitlich zu beurteilende Leistung vor, ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG entscheidend, ob das Vermietungselement der Leistung ihr Gepräge gibt. In diesem Fall ist die Leistung insgesamt steuerfrei. Eine Aufteilung des Entgelts in einen auf das Element der Grundstücksüberlassung und einen auf den Leistungsteil anderer Art entfallenden Teil ist nicht zulässig.
Rz. 61
Gemischte Verträge können auch vorliegen, wenn neben einer Vermietungs- oder Verpachtungsleistung ganz anders ausgestaltete Leistungen von Bedeutung sind, z. B. Leistungen der Lagerhaltung, Heimpflege, Krankenhausbehandlung, Überlassung von Standplätzen auf Märkten und Messen.
Rz. 62
Als gemischter Vertrag ist der zwischen dem Inhaber eines Altenheims oder Pflegeheims und den Bewohnern des Heims geschlossene Vertrag über die Aufnahme in das Heim anzusehen, wenn die pflegerische Betreuung und Versorgung die Raumüberlassung nicht überlagern. Beim Betrieb eines Altenwohnheims ist grundsätzlich nur von einer nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsleistung auszugehen. Wird mit den Bewohnern eines Altenwohnheims ein Vertrag über die Aufnahme in das Heim geschlossen, der neben der Wohnraumüberlassung auch Leistungen zur Betreuung oder Pflege vorsieht, wobei die Betreuungs- und Pflegeleistungen die Wohnraumüberlassung aber nicht überlagern, handelt es sich um zwei getrennt voneinander zu betrachtende Leistungen. Auch in diesem ...