Rz. 47
Zu den inländischen Seehäfen zählen nach der Fiktion des Satzes 2 des § 4 Nr. 6 Buchst e UStG auch die Freihäfen und die Häfen auf der Insel Helgoland. Der Wortlaut "…die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland…" lässt semantisch zunächst darauf schließen, dass sowohl die Freihäfen als auch die Häfen nur dann der Fiktion des Satzes 2 unterliegen, wenn sie auf Helgoland belegen sind. Da es aber auf der Insel Helgoland keine Freihäfen gibt, weil Helgoland umsatzsteuerlich nicht zum Inland gehört, können mit Freihäfen nur die Freihäfen i. S. d. § 1 Abs. 2 UStG gemeint sein, sodass der Gesetzeswortlaut eigentlich "…die Freihäfen und die Häfen auf der Insel Helgoland…" lauten müsste.
Rz. 48
Der Hintergrund für die Fiktion nach § 4 Nr. 6 Buchst. e S. 2 UStG ergibt sich aus dem letzten Satz der amtlichen Gesetzesbegründung. Danach ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Restaurationsumsätze zwischen den inländischen Seehäfen einschließlich der Freihäfen und den Häfen auf der Insel Helgoland (im nationalen Seeschifffahrtsverkehr) ausschließlich in deutschen Hoheitsgewässern ausgeführt würden. Ein Wettbewerbsnachteil für die inländischen Unternehmer war für ihn insoweit nicht erkennbar. Dieser Auffassung konnte seinerzeit nicht gefolgt werden, da sich der Ort auch dieser Restaurationsumsätze nach der Rechtslage bis 31.12.2009 ausschließlich nach Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 45 MwStSystRL); und somit nach dem Sitzort des leistenden Unternehmers bestimmte. Die Ausnahme der im nationalen Seeschifffahrtsverkehr erbrachten Restaurationsumsätze von der Steuerbefreiung hatte dann einen Wettbewerbsnachteil für einen im Inland ansässigen Unternehmer der Seeschifffahrt zur Folge, wenn vergleichbare Umsätze im Ausland ansässiger Unternehmer im Ansässigkeitsstaat steuerfrei blieben. Es bleibt zu vermuten, dass der Gesetzgeber sich davon hat leiten lassen, dass derartige Umsätze vor Einführung der Steuerbefreiung steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen waren, weil der Abgabeort nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie (§ 3 Abs. 7 UStG a. F.) regelmäßig im Inland lag. Vermutlich sollte die Besteuerung dieser Umsätze fortgeführt werden. Nach der ab dem 1.1.2010 geltenden Ortsregelung in § 3e UStG werden Restaurationsumsätze auf rein inländischen Beförderungsstrecken am Abgangsort des Beförderungsmittels besteuert. Insofern ist die Gleichbehandlung im Inland und im Ausland ansässiger Unternehmer für den jeweiligen Umsatz sichergestellt. Zu Besteuerungsunterschieden kommt es dann ggf. nur im Verhältnis der EU-Mitgliedstaaten untereinander (z. B. wenn ein anderer EU-Mitgliedstaat, in dem sich der Abgangsort des Beförderungsmittels befindet, die Restaurationsleistung als steuerfrei behandelt, während eine vergleichbare in Deutschland erbrachte Leistung nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG fällt).
Rz. 49
Freihäfen i. S. v. § 4 Nr. 6 Buchst. e S. 2 UStG sind Teile der Häfen Bremerhaven und Cuxhaven, die vom übrigen deutschen Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft getrennt sind.
Rz. 50
Begünstigt von der Steuerbefreiung sind demnach folgende Verkehrsstrecken (Abfahrtsort – Ankunftsort):
- inländischer Seehafen – ausländischer Seehafen,
- Hafen auf Helgoland – ausländischer Seehafen,
- Freihafen (als Seehafen) – ausländischer Seehafen,
- ausländischer Seehafen – inländischer Seehafen,
- ausländischer Seehafen – Hafen auf Helgoland,
- ausländischer Seehafen – Freihafen (als Seehafen),
- ausländischer Seehafen – ausländischer Seehafen.
Rz. 51
Nicht begünstigt von der Steuerbefreiung sind demnach folgende Verkehrsstrecken (Abfahrtsort – Ankunftsort):
- inländischer Seehafen – inländischer Seehafen,
- Hafen auf Helgoland – inländischer Seehafen,
- Freihafen (als Seehafen) – inländischer Seehafen,
- Hafen auf Helgoland – Hafen auf Helgoland,
- Freihafen (als Seehafen) – Freihafen (als Seehafen),
- inländischer Seehafen – Hafen auf Helgoland,
- inländischer Seehafen – Freihafen (als Seehafen).
Rz. 52
Außerdem setzt die Steuerbefreiung voraus, dass sich das Wasserfahrzeug im innergemeinschaftlichen oder internationalen Verkehr zwischen zwei Seehäfen befindet. Somit fallen die Restaurationsumsätze nicht unter die Steuerbefreiung, die auf Strecken zwischen Binnenhäfen erbracht werden. Somit ergibt sich durch die Einschränkung der Steuerbefreiung auf den Seeverkehr, dass die Restaurationsumsätze im Binnenschifffahrtsverkehr wie beispielsweise auf dem Rhein nicht nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG von der USt befreit werden können.
Rz. 53
Aus der folgenden Übersicht ist für alle Strecken im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt ersichtlich, in welchen Fällen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG anwendbar ist.
Abgangshafen |
Ankunftsseehafen |
Steuerbefreiung ja/nein |
inländischer Seehafen |
ausländischer Seehafen |
ja |
inländischer Seehafen |
inländischer Seehafen |
nein |
inländischer Seehafen |
Freihafen |
nein (da zwei inländische Häfen) |
inländischer Seehafen |
Hafen Helgoland |
nein (da zwei inländische Häfen) |
... |