Rz. 61
Unter Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ist aus deutscher Sicht das gesamte übrige Gemeinschaftsgebiet zu verstehen. Das Gemeinschaftsgebiet umfasst nach § 1 Abs. 2a S. 1 UStG das Inland i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 UStG und das übrige Gemeinschaftsgebiet, d. h. die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der EU, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten. Nach Art. 5 Abs. 1und 2 MwStSystRL gilt als Mitgliedstaat bzw. als Gebiet eines Mitgliedstaats das Gebiet jedes Mitgliedstaats der Gemeinschaft, auf den der Vertrag zur Gründung der EG gemäß dessen Art. 299 Anwendung findet, mit Ausnahme der in Art. 6 MwStSystRL genannten Gebiete (Gebiete, die zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehören, aber vom Anwendungsbereich der MwStSystRL ausgeschlossen sind). Inland ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 UStG das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit den dort genannten Ausnahmen.
Rz. 62
Zum Gebiet eines anderen Mitgliedstaats bzw. zum übrigen Gemeinschaftsgebiet gehören damit (Stand 1.1.2021):
- Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern (auch türkischer Teil vorbehaltlich einer umfassenden Regelung der Zypernfrage),
- Azoren, Balearen, Insel Man, Madeira, Monaco und die auf Zypern gelegenen Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs (Akrotiri und Dhekelia).
Umsätze, deren Herkunfts- oder Bestimmungsort im Fürstentum Monaco, auf der Insel Man oder in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Akrotiri und Dhekelia (beide auf Zypern) liegen, werden nach Art. 7 Abs. 2 MwStSystRL wie Umsätze behandelt, deren Herkunfts- oder Bestimmungsort Frankreich bzw. Vereinigtes Königreich bzw. Zypern ist. Nach Art. 3 Abs. 1 und 3 des Protokolls zu den Hoheitszonen des VK auf Zypern als Teil des Abkommens über den Austritt des VK aus der EU gelten die nach Art. 113 AEUV erlassenen Bestimmungen des Unionsrechts auf dem Gebiet der Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und sonstigen Formen der indirekten Besteuerung für die und in den Hoheitszonen. Umsätze mit Ursprungs- oder Bestimmungsort in den Hoheitszonen gelten für die Zwecke der MwSt, der Verbrauchsteuern oder anderer Formen der indirekten Besteuerung als Umsätze mit Ursprungs- oder Bestimmungsort in der Republik Zypern. Insofern hat sich hier mit Blick auf Umsätze in diese Hoheitszonen keine Änderung der unionsrechtlichen Territorialitätsbestimmungen aufgrund des Austritts des VK aus der EU (s. dazu Einzelheiten im Folgenden ) nach dem 31.1.2020 ergeben.
Das Vereinigte Königreich und Nordirland ist zum 1.2.2020 aus der EU ausgetreten. Allerdings galt ab dem 1.2.2020 bis 31.12.2020 die mehrwertsteuerliche Rechtssituation mit Bezug auf das VK zunächst unverändert weiter.
Grundsätzlich ist das VK für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nach dem 31.12.2020 als Drittlandsgebiet i. S. d. § 1 Abs. 2a S. 3 UStG anzusehen. Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im Protokoll zu Irland/Nordirland zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart wurde. Nach Art. 8 Abs. 1 i. V. m. Anhang 3 dieses Protokolls gelten für Nordirland u. a. die Bestimmungen der MwStSystRL fort, soweit sie die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs betreffen. Somit gilt die MwStSystRL nicht für Dienstleistungen mit Bezug auf Nordirland fort. Deshalb können auch nach dem 31.12.2020 nach § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b UStG im Inland steuerbare Lieferungen (aber nicht sonstige Leistungen) an in Nordirland (nicht aber in England, Schottland oder Wales) stationierte NATO-Streitkräfte (so es sich nicht um britische Streitkräfte handelt) umsatzsteuerfrei sein. Gleiches gilt z. B. für Lieferungen an die britischen Streitkräfte in den Hoheitszonen Akrotiri und Dhekelia auf Zypern (Lieferungen dorthin gelten als Lieferungen nach Zypern und wären begünstigt, weil die Empfänger nicht zypriotische Streitkräfte wären).
Rz. 63
Nicht zum Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gehören damit das Inland i. S. v. § 1 Abs. 2 S. 1 UStG (einschließlich der dort genannten Ausnahmegebiete) und das Drittlandsgebiet. Zum Drittlandsgebiet gehören:
- die Hoheitsgebiete aller sog. Drittstaaten (Staaten außerhalb der EU),
- die internationalen Gewässer,
- die vom Inland der übrigen EU-Mitgliedstaaten nach Gemeinschaftsrecht ausgenommenen Gebiete, also Andorra; Åland-Inseln (Finnland); niederländische überseeische Länder (Aruba und Niederländische Antillen); Berg Athos (Griechenland); Campione d’Italia (Italien); Ceuta (Spanien); Färöer (Dänemark); französische überseeische Departements – DOM – Guadeloupe, Guyana, Martinique, Mayotte und Réunion; französische überseeische Gebiete – TOM – Saint-Barthélemy und Saint-Martin; Grönland (Dänemark); Kanarische Inseln (Spanien); Livigno (Italien); Luganer See, auch soweit er zum italienischen Hoheitsgebiet gehört (Italien); Melilla (Spanien); San Marino; Vatikan;
- Gebiete der Bund...