Rz. 181
Zu den nach § 4 Abs. 1 Nr. 12a UStG steuerfreien Leistungen der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gehören auch die damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden üblichen Nebenleistungen. Bei der steuerpflichtigen Grundstücksvermietung, z. B. von Bürogebäuden, ist die Abgrenzung der unselbstständigen Nebenleistungen zur Vermietung gegenüber anderen steuerpflichtigen selbstständigen Hauptleistungen von erheblicher Bedeutung. Berechnet der Vermieter dem Mieter nachfolgende Kosten als Nebenkosten oder Umlagen zusätzlich zur Miete, so sind lt. OFD Koblenz die gesamten Zahlungen des Mieters Entgelt für die einheitliche Vermietungsleistung:
- Heizung,
- Wasser und Warmwasser,
- Entwässerung,
- Haus- und Flurbeleuchtung und -reinigung,
- Straßenreinigung und Müllabfuhr,
- Gartenpflege,
- Gebäude- und Haftpflichtversicherungen,
- Gemeinschaftsantennenanlage,
- laufende öffentliche Lasten (z. B. GrSt),
- Hausmeisterlohn.
Diese Beurteilung gilt selbst dann, wenn den berechneten Nebenkosten keine seitens des Kostengläubigers steuerbare Leistung zugrunde liegt (z. B. öffentliche Lasten) oder wenn einzelne Nebenkosten nicht mit Vorsteuern belastet sind (z. B. Versicherungsbeiträge). Durchlaufende Posten liegen auch dann grundsätzlich nicht vor.
Die Nebenkosten oder Umlagen sind auch dann Teil des Miet- bzw. Pachtentgelts, wenn aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter dieser die Nebenkosten oder Teile davon unmittelbar an den Kostengläubiger oder an einen Wohnungseigentumsverwalter entrichtet. Entscheidend ist, ob der Vermieter unmittelbar Schuldner der Nebenkosten ist. Unmittelbare Zahlungen des Mieters an Dritte stellen lediglich eine Abkürzung des Zahlungswegs dar (Rz. 198).
Rz. 181a
Die vorstehende Verwaltungspraxis missachtet das in Rz. 65 erwähnten Urteil des EuGH v. 11.06.2009, wonach die von den Mietern zu zahlenden Kosten für die Treppenhausreinigung ein Entgelt für eine eigene Hauptleistung des Vermieters waren. Auch das Urteil des EuGH v. 16.4.2015, wonach jedenfalls dann eigenständige steuerpflichtige Leistungen des Vermieters vorliegen, wenn z. B. Wasser, Gas, Strom und Heizung nach dem individuellen Verbrauch abgerechnet werden, weil damit der Mieter den Umfang und damit den Preis der von ihm in Anspruch genommenen Leistungen bestimmen kann, zeigt, dass die deutsche Verwaltungspraxis unionsrechtlich keine feste Grundlage mehr hat. Allerdings hat die Verwaltung bisher nicht auf diese Urteile reagiert, die weitreichende praktische Folgen hätten, nicht nur hinsichtlich der Befolgungskosten, sondern auch bei der Frage des Vorsteuerabzugs für die Vorleistungen. Die Vermietungsunternehmer können sich, falls die Rechtsprechung des EuGH für sie z. B. wegen des Vorsteuerabzugs günstiger ist als die deutsche Praxis, auf das Unionsrecht berufen. Sind die bisher als steuerfreie unselbstständige Nebenleistungen behandelten Leistungen selbstständige steuerpflichtige Hauptleistungen, spielt § 9 UStG keine Rolle mehr.