Der Kündigungsschutz schwerbehinderter Menschen ist in den §§ 168 ff. SGB IX geregelt. Jede Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber (auch eine Änderungs- oder eine außerordentliche Kündigung) bedarf der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt. Eine ohne die erforderliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 134 BGB nichtig. Wenn eine Schwerbehindertenvertretung besteht, ist diese gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX zu beteiligen. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist unwirksam.
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Der erforderliche Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung richten sich nach den für die Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen. Die Kündigung ist nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtet oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Die Unterrichtung muss auch nicht vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens vor dem Integrationsamt erfolgen. Die Regelung ist eine § 102 BetrVG entsprechende individualrechtliche Sanktion für den Fall, dass die umfassende Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor einer Entscheidung des Arbeitgebers unterbleibt. Die Beteiligung soll nach dem Willen des Gesetzgebers wegen ihrer Bedeutung unabhängig von der Anhörung des Betriebsrats erfolgen.
Das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts gilt zum einen für Menschen, bei denen ein GdB von mindestens 50 vorliegt, zum anderen aber auch für solche, die bei einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, durch einen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.
Bei einem schwerbehinderten (oder gleichgestellten) Arbeitnehmer scheitert das Nachschieben von Kündigungsgründen im Kündigungsschutzprozess an der insoweit regelmäßig fehlenden vorherigen Mitteilung dieser Kündigungsgründe an das Integrationsamt. Diese ist anders als die Betriebsratsanhörung nicht nachholbar.
Der Sonderkündigungsschutz besteht – anders als der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz – unabhängig von der Betriebsgröße. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung länger als 6 Monate bestanden hat. Weder das Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX noch die vorherige Durchführung des u. a. zur Kündigungsprävention eingeführten Verfahrens des betrieblichen Eingliederungsmanagements – kurz BEM – sind formale Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Kündigung. Ist das Verfahren im Einzelfall aber geeignet, im Arbeitsverhältnis auftretende Schwierigkeiten zu beseitigen, so kann die Unterlassung des Verfahrens zulasten des Arbeitgebers bei der Bewertung des Kündigungsgrunds berücksichtigt werden.
Sonderkündigungsschutz besteht, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bzw. Gleichgestellter nachgewiesen ist. Dieser Nachweis kann erbracht werden durch Feststellungs- oder Gleichstellungsbescheid oder ohne förmliche Feststellung bei Offensichtlichkeit.
Liegt zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung keine positive Feststellung des Versorgungsamts vor, so greift der besondere Kündigungsschutz gemäß § 173 Abs. 3 SGB IX nur ein, wenn die in § 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bestimmte Frist verstrichen ist und die fehlende Feststellung nicht auf einer fehlenden Mitwirkung des Antragstellers beruht. Das Gesetz differenziert danach, ob für die Anerkennung die Einholung eines Gutachtens notwendig ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, hat das Versorgungsamt innerhalb von 3 Wochen ab Antragstellung zu entscheiden.
Damit besteht kein Sonderkündigungsschutz, wenn bei Kündigungszugang
- die 3-Wochenfrist des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX als Mindestfrist nicht abgelaufen ist,
- bei Erforderlichkeit eines Gutachtens – was regelmäßig der Fall sein dürfte – seit Antragstellung 7 Wochen noch nicht verstrichen sind.
Hat das Versorgungsamt trotz Fristablauf noch nicht entschieden, darf dies nicht auf der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers beruhen, wobei für den Arbeitnehmer wohl nur eine schuldhafte Verletzung von Mitwirkungspflichten schädlich sein dürfte.
Nach dem Wortlaut des § 173 Abs. 3 SGB IX besteht der besondere Kündigungsschutz dann nicht, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter durch das Versorgungsamt abgelehnt ist. Der Sonderkündigungsschutz wird dem Arbeitnehmer aber dann nicht wegen § 173 Abs. 3 SGB IX entzogen, wenn die im Zeitpunkt der Kündigung vorliegende nicht rechtskräftige ablehnende Entscheidung des Versorgungsamts später aufgehoben wird.
Die Einschränkungen des § 173 Abs. 3 SGB IX, d. h. die darin vorgesehenen Fristen gelten auch für den Gleichstellungsantrag. Klar ist auch,...