Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Will der Unternehmer ein gemischt genutztes Gebäude seinem Unternehmen zuordnen, muss er diese Zuordnungsentscheidung bereits bei dessen Bezug treffen. Das FG München versagte einem Ehepaar den Vorsteuerabzug, da diese frühzeitige Zuordnung nicht erkennbar war.
Sachverhalt
Die Ehegatten errichteten in 2004 ein Wohnhaus, das sie überwiegend zu Wohnzwecken nutzten. Einen Raum im Erdgeschoss und eine Garage vermieteten sie an eine Aktiengesellschaft, deren Vorstand der Ehemann war. Aufgrund der gemischten Nutzung des Gebäudes nutzten sie das sog. Seeling-Modell und ordneten das ganze Gebäude ihrem Vermietungsunternehmen zu. Den Vorsteuerabzug aus den Baukosten i. H. v. rund 114.000 EUR machten die Ehegatten in der Umsatzsteuererklärung 2004, eingereicht beim Finanzamt am 16.2.2005, geltend.
Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug und argumentierte, dass keine umsatzsteuerpflichtige Vermietung vorliege, da die Aktiengesellschaft fast ausschließlich steuerfreie Umsätze tätige.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass der Vorsteuerabzug zu Recht versagt wurde. Ausschlaggebend war für das FG, dass keine bereits in 2004 bestehende Absicht zur unternehmerischen Gebäudenutzung feststellbar war. Bei einer gemischten Nutzung hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht und kann einen Gegenstand entweder insgesamt dem Unternehmen zuordnen, ihn in vollem Umfang im Privatvermögen belassen oder nur teilweise in sein Unternehmen einbeziehen. Die Zuordnung zum Unternehmen muss er bereits bei Bezug (Anschaffung, Herstellung, Einlage) vornehmen; nachträgliche Absichtsänderungen lösen keinen Vorsteuerabzug aus.
Die Ehegatten haben ihre Zuordnungsentscheidung aber erst in der am 16.2.2005 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung dokumentiert. Entsprechende Umsatzsteuervoranmeldungen aus der Bauphase in 2004 hatten die Eheleute nicht abgegeben. Aus dem am 21.2.2005 nachgereichten Mietvertrag, der vom 29.11.2004 datierte, konnte das FG ebenfalls keine zeitnahe Absicht zur unternehmerischen Nutzung ableiten. Dem Vertrag kam nur geringe Aussagekraft zu, da der Ehemann nicht nur auf Vermieterseite, sondern auch als Mietpartei unterschrieben hatte. Gegen eine bereits in 2004 bestandene unternehmerische Nutzungsabsicht sprach zudem, dass die erste Mietzahlung erst am 12.1.2005 geleistet wurde, obwohl sie bereits am 1.12.2004 fällig gewesen wäre.
Hinweis
Das Seeling-Modell erlaubte es Unternehmern, ein unternehmerisch und privat genutztes Gebäude insgesamt dem Unternehmensvermögen zuzuordnen und die gesamten Vorsteuerbeträge aus den Baukosten abzuziehen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit seit dem 1.1.2011 durch die Einführung des § 15 Abs. 1b UStG n. F. ausgeschlossen. Seitdem ist der Vorsteuerabzug auf die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile beschränkt.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 27.07.2011, 3 K 829/08