Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 12
Die Pflicht, Vereinbarungen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu schließen, bildet ein Kernstück der Vorschrift. Zusammen mit § 106 und § 106a inkludiert § 106b ein rechtliches System der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei vertragsärztlichen Tätigkeiten. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung geht es nicht um die Festsetzung des richtigen Honorars, sondern um die Aufrechterhaltung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 6 KA 24/03 R). Nach Abs. 1 Satz 1 erfolgt die Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlich verordneten Leistungen anhand von Vereinbarungen, die von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit der KV zu treffen sind. Die Worte "zu treffen sind" unterstreichen die gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss der Vereinbarung, die somit auf Landesebene oder KV-Ebene nicht mehr zur Disposition der Vereinbarungspartner steht. Mit Ausnahme des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ist in allen Bundesländern die KV-Ebene mit der Landesebene identisch (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1). Für die KV-Ebene ist eine gemeinsame Vereinbarung vorgeschrieben, welche für alle Krankenkassen und alle Leistungserbringer der vertragsärztlichen Versorgung im KV-Bereich gilt. Während die Krankenkassenseite bei der Vereinbarung auf Landesebene bzw. in Nordrhein-Westfalen, wo es je eine KV/KZV für den Landesteil Nordrhein und den Landesteil Westfalen-Lippe gibt (vgl. dazu § 77 Abs. 1 Satz 2), auf der jeweiligen KV-Ebene zu gemeinsamem und einheitlichem Handeln verpflichtet ist, ergibt sich für die KV die Gemeinsamkeit unmittelbar aus der Vereinbarung. Diese sind gesetzliche Normsetzungsverträge und damit für die Vertragspartner und deren Mitglieder verbindlich (Ulrich, in: jurisPK-SGB V, § 106b Rz. 34).
Rz. 13
Die Rahmenvereinbarungen schaffen eine rechtssichere Grundlage für die regionalen Vereinbarungen nach § 106b Abs. 1, indem gesetzliche Mindestvorgaben formuliert werden. Das Ziel ist es, das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 umzusetzen. Nach § 2 der Vereinbarung umfassen die Rahmenvereinbarungen folgende Verordnungsbereiche, die an dieser Stelle in der Übersicht aufgeführt werden:
- Verordnung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (73 Abs. 2 Nr. 5),
- Verordnung von Arznei- und Verbandmitteln einschließlich Sprechstundenbedarf (§ 73 Abs. 2 Nr. 7),
- Verordnung von Heilmitteln (§ 73 Abs. 2 Nr. 7),
- Verordnung von Hilfsmitteln (§ 73 Abs. 2 Nr. 7),
- Verordnung von Krankentransporten (§ 73 Abs. 2 Nr. 7),
- Verordnung von häuslicher Krankenpflege (§ 73 Abs. 2 Nr. 8),
- Verordnung von Soziotherapie (§73 Abs. 2 Nr. 12),
- Verordnung von Spezialisierter Ambulanter Palliativversorgung (§ 73 Abs. 2 Nr. 14).
Nach Abs. 6 der Vereinbarung wird die Wirtschaftlichkeit ärztlich verordneter Leistungen durch
- Hochschulambulanzen nach § 117,
- psychiatrische Institutsambulanzen nach § 118,
- sozialpädiatrische Zentren nach § 119 sowie
- medizinische Behandlungszentren nach § 119c
gemäß § 113 Abs. 4 Satz 1 von den Krankenkassen in entsprechender Anwendung der nach § §§ 106 und § 106b geltenden Regeln geprüft.
Zum Umfang der Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist in § 3 Abs. 1 der Vereinbarung festgelegt, dass alle ärztlich verordneten Leistungen in allen Verordnungsbereichen nach § 2 der Vereinbarung der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen. Ausnahmen sind in § 106b Abs. 4 aufgeführt.
Bei Vereinbarung statistischer Prüfungsmethoden der Wirtschaftlichkeit ärztlich verordneter Leistungen soll vorrangig eine Auffälligkeitsprüfung von den Vertragspartnern nach § 106b Abs. 1 geregelt werden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 der Vereinbarung). In die Auffälligkeitsprüfung sind grundsätzlich alle verordnenden Ärzte einzubeziehen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 soll ein Prüfungszeitraum von einem Jahr gelten. Abweichend hiervon können in den Vereinbarungen nach § 106b Abs. 1 einvernehmlich kürzere Zeiträume vereinbart werden, sofern hierfür ein begründeter Anlass besteht. Einzelheiten ergeben sich in Rz. 31 f.
Rz. 14
Zu den statistischen Prüfungsmethoden ist in Abs. 2 vereinbart, dass vorrangig eine Auffälligkeitsprüfung von den Vertragspartnern nach § 106b Abs. 1 geregelt werden soll.
§ 3 Abs. 4 der Vereinbarung enthält eine Öffnungsklausel für weitere Prüfungen.
Nach § 3a der Vereinbarung kann eine Kostendifferenz gemäß § 106b Abs. 2a berücksichtigt werden. Bei der Berechnung des Rückförderungsbetrages ist nicht die Differenzkostenmethode anzuwenden (BSG, Urteil v. 5.6.2024, B 6 KA 5/23 R).
Als Frist für die Nachforderung sieht § 3b der Vereinbarung einen Zeitraum von 2 Jahren vor. In den Prüfvereinbarungen nach § 106b Abs. 1 ist durch entsprechende Maßnahmen, insbesondere durch die Festlegung von Fristen, sicherzustellen, dass die Prüfung innerhalb der gesetzlichen Fristen abgeschlossen werden.
Für das Widerspruchsverfahren ist eine Frist von 2 Jahren vorgesehen (§3b Abs. 3 der Vereinbarung).
Eine individuelle Beratung als Maßgabe bei statistischen Prüfungen ist bei erstmaliger Auffälligkeit erforderlich (§ 5 der Vereinba...