Rz. 5
Nach Abs. 1 Satz 4 ist Gegenstand der Verträge eine Form der Heilmittelversorgung, bei der die Heilmittelerbringer aufgrund einer durch einen Vertragsarzt/Vertragszahnarzt festgestellten Diagnose und der Indikation für eine Heilmittelbehandlung selbst über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen können. Voraussetzung ist also zunächst eine vertragsärztliche/vertragszahnärztliche Verordnung der Heilmittelbehandlung, d. h. der Vertrags(zahn)arzt entscheidet über die Notwendigkeit der Heilmittelbehandlung, insbesondere ob die Diagnose und die Indikation mit den in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung verbindlichen HeilM-RL bzw. HeilM-RL Zahnärzte des Gemeinsamen Bundesausschusses übereinstimmen.
Aufgrund dieser "Blankoverordnung" bestimmt der Heilmittelerbringer die Auswahl und Dauer seiner Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten für die Patientin bzw. den Patienten, welche sich den qualifizierten Heilmittelerbringer aussuchen. Qualifiziert bedeutet, dass der Heilmittelerbringer den Vertrag nach § 125a anerkennen muss (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 3), was voraussetzt, dass er den jeweiligen Vertragsinhalt kennt und in die Praxis der Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung umsetzen kann. Entsprechende Vorgaben zur Qualifikation der Heilmittelerbringer können die Vertragspartner in jedem Vertrag nach Abs. 1 regeln.
Nach Abs. 1 Satz 5 ist dem Heilmittelerbringer aber vorgegeben, dass er seine Therapieauswahl nur im Rahmen der in den Heilmittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für die jeweilige Diagnosegruppe vorgegebenen verordnungsfähigen Heilmitteln vornehmen darf. Er ist also in der Bestimmung der Therapie nicht vollkommen frei, sondern muss sich zumindest an den Rahmen der übergeordneten Heilmittel-Richtlinien halten. Bei der Auswahl der Therapie darf der Heilmittelerbringer nur zwischen den Maßnahmen wählen, die der Heilmittelkatalog als Bestandteil der jeweiligen Heilmittel-Richtlinie für die jeweilige Diagnosegruppe vorsieht.
Bei der Leistungserbringung sind Abweichungen von den Heilmittel-Richtlinien im Übrigen nur in dem von den Vertragspartnern vereinbarten Umfang möglich. Die Heilmittel-Richtlinien sind daher für den Heilmittelerbringer bei der Leistungserbringung grundsätzlich bindend.
Da Abweichungen von den Heilmittel-Richtlinien unter Umständen auch die Interessen der verordnenden Vertragsärzte oder -zahnärzte berühren, sind die KBV und die KZBV in diesen Prozess einzubeziehen. Durch die Nennung der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen in § 77 Abs. 4 ist ohnehin klargestellt, dass mit diesem Plural im SGB V immer sowohl die KBV als auch die KZBV gemeint sind. Deshalb ist den beiden Kassenärztlichen Bundesvereinigungen zum einen das Recht eingeräumt, vor Abschluss der Vereinbarungen Stellungnahmen abzugeben, und zum anderen bei Abweichungen von den Heilmittel-Richtlinien das darauf bezogene Einvernehmen herzustellen. Mit den Stellungnahmen zum jeweiligen Vertrag, die abgegeben werden können, aber nicht abgegeben werden müssen, haben sich die zuständigen Vertragspartner ernsthaft auseinanderzusetzen und ggf. Korrekturen am verhandelten, aber noch nicht abgeschlossenen Vertrag vorzunehmen. Die Letztentscheidung haben aber die Vertragspartner.
Bei der Herstellung des Einvernehmens zu den Regelungen nach Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 7 kommt es darauf an, dass die KBV den ausgehandelten Regelungen für den Bereich der vertragsärztlichen Heilmittelversorgung bzw. die KZBV den Regelungen für die vertragszahnärztliche Heilmittelversorgung zustimmt. Ohne diese Zustimmungen können die zwischen den Vertragspartnern ausgehandelten Verträge nach Abs. 1 Satz 1 nicht in Kraft treten.