Rz. 10
Die integrierte Versorgung geht vom Gedanken des Versorgungsnetzes aus, in dem viele Vertragsärzte verschiedener Fachrichtungen möglichst mit weiteren zugelassenen oder vertraglich gebundenen Leistungserbringern zusammenarbeiten und gemeinsam die regionale oder indikationsbezogene Versorgung der Versicherten sicherstellen. Eine Höchstzahl für die Netzgemeinschaft sieht das Gesetz selbst nicht vor, aber sie wird sich aus der Praxis heraus entwickeln, weil die angestrebte Kooperation und Koordination nur funktionieren kann, wenn das Praxisnetz einigermaßen überschaubar und damit steuerbar bleibt. Dies kann nur gelingen, wenn das Praxisnetz nicht mehr als 20 bis 30 Leistungserbringer umfasst, die sich untereinander kennen und um ihre Stärken und Schwächen bei der regionalen oder indikationsbezogenen Behandlung der eingeschriebenen Patienten wissen. Die Teilnehmer an der integrierten Versorgung sollten teamfähig sein, weil nur mit einem ausgeprägten Willen zur Kooperation die gemeinsamen Vertragsziele erreicht werden können. Es sollten auch keine "Trittbrettfahrer" darunter sein, die aus Konkurrenzgründen alles versprechen und unterschreiben, sich aber in der Praxis entgegengesetzt verhalten. Von daher muss in einem Netzwerk auch die Möglichkeit bestehen, ungeeignete Teilnehmer aus dem Versorgungsnetz wieder zu entfernen. Innerhalb eines Versorgungsnetzes muss die Partnerschaft zwischen den verschiedenen Leistungserbringern gleichberechtigt sein, auf einer Augenhöhe und keine Dominanz sind wichtige Voraussetzungen, Gemeinschaftsinteresse sollte dem Eigeninteresse immer vorgehen.
Neben diesen persönlichen Anforderungen an Leistungserbringer der integrierten Versorgung muss auch die sachliche Ausstattung dem Vertragszweck angemessen sein. Die Ausstattung ist konform mit Gesetzen, Verordnungen oder Qualitäts-Richtlinien zu halten. Als weiterer Vorteil für die Leistungserbringer bietet sich in diesem Zusammenhang die gemeinsame Beschaffung der Ausstattung zu günstigeren Konditionen als beim Einzelkauf an.
Rz. 11
Denkbar wäre ein regionales, horizontal angelegtes Netz, in welchem viele Vertragspartner mit unterschiedlichen Fachdisziplinen die übergreifende Versorgung der Versicherten i.S. einer umfassenden medizinischen Versorgung sicherstellen; möglich wäre aber auch ein vertikales, für die Versicherten relativ günstig erreichbares Netz für ein bestimmtes Krankheitsbild, in dem Vertrags(zahn)ärzte, Vertragspsychotherapeuten, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und sonstige Leistungserbringer kooperieren, die sich auf die Früherkennung, Vorsorge, Diagnostik, Therapie, stationäre Krankenhausbehandlung, Rehabilitation, Nachsorge (einschließlich Selbsthilfe) dieser Krankheit spezialisiert haben. Zu den schwierigen Krankheitsbildern zählen z.B. Schlaganfall, Krebs oder Multimorbidität bei älteren Patienten. Dieses indikationsbezogene Netz i.S. einer integrierten Versorgungform kann die Leistungsfähigkeit, den Behandlungsablauf und die Leistungsqualität für diese schwerwiegend erkrankten Patienten deutlich verbessern.
Nach dem Bericht der gemeinsamen Registrierungsstelle dominierten hinsichtlich der Vertragsgegenstände im Zeitraum 2004 bis 2008 die Integrationsverträge zur indikationsübergreifenden Versorgung oder zum ambulanten Operieren. Auch bezogen auf das Vergütungsvolumen stehen Versorgungsangebote zu kardiologischen, neurochirurgischen sowie orthopädisch-unfallchirurgischen Leistungen an führender Stelle.
Die Möglichkeit, Integrationsverträge mit Pflegekassen oder Pflegeeinrichtungen abzuschließen, wurden im Berichtszeitraum nur in geringem Umfang genutzt, was auch für die integrierte Versorgung durch Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung hochspezialisierter Leistungen, seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Behandlungsverläufen gilt (vgl. Abs. 4 Satz 4). Der Katalog nach § 116b (altes Recht) bezieht sich auf ein besonderes Patientenklientel, welches durch Spezialisten ambulant behandelt wird, die i. d. R. am Krankenhaus konzentriert sind und dort kooperativ arbeiten. Im Übrigen war die gesetzliche Erweiterung erst mit Wirkung zum 1.4.2007 eingetreten, sodass sie sich für den o.a. Berichtszeitraum noch nicht auswirken konnte. Es kommt hinzu, dass Pflegekassen und zugelassene Pflegeeinrichtungen wie auch andere berechtigte Leistungserbringer oder Krankenkassen in bestehende Integrationsverträge nur mit Zustimmung aller Vertragspartner eintreten können (Abs. 5).
Rz. 12
Nach Abs. 5 setzt der Beitritt Dritter zu den Verträgen der integrierten Versorgung die Zustimmung aller Vertragspartner voraus. Dies dient dem Vertrauensschutz der Vertragspartner, also der Krankenkasse auf der einen Seite und jedes Leistungserbringers auf der anderen Seite. Sie dürfen darauf vertrauen, dass das vertraglich vereinbarte Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht durch den Beitritt eines Dritten aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann. Erst wenn jeder Vertragspartner (die Krankenkasse, der ein...