0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2793) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 29.12.2022 eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer sind bei der rechtzeitigen Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten, die sich aus der Digitalisierung des Gesundheitswesens ergeben – wie insbesondere in Bezug auf die elektronische Patientenakte nach § 341 Abs. 6 i. V. m. §§ 346 ff. und die Ausstellung elektronischer Verordnungen nach § 360 Abs. 2 – überwiegend auf industrielle Partner angewiesen, die die benötigten Komponenten und Dienste entwickeln und bereitstellen (BT-Drs. 20/3876 S. 57). Gleiches gilt für die gesetzlich erforderlichen Anpassungen in den Primärsystemen. Im Zusammenwirken von Industrie und Leistungserbringern kommt es zum Teil zu Umsetzungsschwierigkeiten, die aufseiten der Leistungserbringer einen Wechsel des Primärsystems erforderlich machen können. Zum Teil bestehen für die Primärsysteme unangemessen lange Kündigungsfristen, die mit den gesetzlichen Umsetzungsfristen, an die die Leistungserbringer gebunden sind, kollidieren können. Diese unangemessen langen Kündigungsfristen gehen auch auf eine einseitige Vertragsgestaltung zugunsten der Anbieter und Hersteller zurück, die daraus resultiert, dass die Verhandlungsmacht der einzelnen Leistungserbringer gegenüber den Anbietern in der Praxis sehr gering ist. Die erschwerten Möglichkeiten für die Leistungserbringer, ihr Primärsystem zu wechseln, stellen in der Praxis ein nicht unerhebliches Implementierungshindernis für die Anwendungen und Dienste der Telematikinfrastruktur dar. Dies führt zu nicht hinnehmbaren Verzögerungen bei der digitalen Transformation in den Strukturen der Gesundheitsversorgung. Um eine ausgewogene Vertragsgestaltung zu erreichen, soll es zusätzlich ermöglicht werden, die Interessen der Leistungserbringer zentral zu bündeln und Vertragsschluss und Vertragsgestaltung aufseiten der Leistungserbringer auf die Ebene der Verbände zu verlagern.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen der Ärzte und Zahnärzte können für die an der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer Rahmenvereinbarungen mit den Anbietern und Herstellern informationstechnischer Systeme schließen. Mögliche Inhalte sind Leistungspflichten, Vertragsstrafen, Preise, Laufzeiten und Kündigungsfristen. Den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen wird ermöglicht, mit den Herstellern von Komponenten und Diensten der Telematikinfrastruktur und von Primärsystemen Rahmenvorgaben zu vereinbaren. Dazu gehören die wesentlichen allgemeinen Vertragsbedingungen wie Leistungspflichten einschließlich z. B. Vereinbarungen zu Service-Leveln sowie Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards, Preisen, Laufzeiten und Kündigungsfristen. Die einzelnen Vertragsärzte und Vertragszahnärzte können auf dieser Grundlage ggf. auf die individuellen Bedarfe angepasste Einzelverträge abschließen. Die Vertragsschlusskompetenz der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen unterstützt die Vertragsärzte und Vertragszahnärzte dabei, die sich aus dem Sicherstellungsauftrag ergebenden Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen (BT-Drs. 20/3876 S. 57).
Rz. 3a
Die Rechtsnatur der Rahmenvereinbarungen ist nicht ausdrücklich geregelt. In Betracht kommen öffentlich-rechtliche Verträge mit normativer Wirkung (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X), wie dies in ähnlichen Sachverhalten im SGB V der Fall ist (§ 134 Abs. 4, § 130b Abs. 9). Dabei gelten die allgemeinen Regelungen des BGB ergänzend (§ 61 Satz 2 SGB X; Dochow, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 332b Rz. 14).
3 Literatur
Rz. 4
Kassenärztliche Bundesvereinigung, Stellungnahme der KBV zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 20/3876) v. 10.10.2022, www.kbv.de/media/sp/2022-11-08_KBV_Stellungnahme_KHPFLEG.pdf; abgerufen: 18.1.2023.