0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. Im Siebten Abschnitt (Kapitel 11) übernehmen die §§ 371 bis 375 das bisher in § 291d enthaltene geltende Recht zu den Anforderungen an Schnittstellen (Interfaces). Außerdem werden bei pflegerelevanten Inhalten die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen sowie der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene bei den Festlegungen für offene und standardisierte Schnittstellen einbezogen.
Rz. 1a
Art. 1 Nr. 65a des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat mit Wirkung zum 9.6.2021 in Abs. 3 die Angabe "§ 384" durch die Angabe "§ 385" ersetzt. Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Rz. 1b
Art. 1 Nr. 76 des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 101) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 26.3.2024 geändert.
Abs. 1 Nr. 3
Die Vertragszahnärzte werden von der kostenverursachenden Verpflichtung befreit, Schnittstellen zum elektronischen Melde- und Informationssystem (DEMIS) vorzuhalten.
Abs. 1 Nr. 5 (neu)
Ärzten wird eine vereinfachte Terminverwaltung ermöglicht.
Abs. 3
Spezifikationen zu offenen und standardisierten Schnittstellen in informationstechnischen Systemen sind zu veröffentlichen.
Abs. 4 (aufgehoben)
Die Aufgaben sind an das Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen (§ 385 Abs. 1) übertragen worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Primärsysteme der Leistungserbringer, um personenbezogene Patientendaten zu verarbeiten (z. B. Praxisverwaltungssysteme oder Krankenhausinformationssysteme), werden in deren administrativer Verantwortung betrieben. Sie müssen allerdings ermöglichen, Patientendaten zu archivieren oder in andere Systeme zu übertragen, elektronische Verordnungen auszustellen, erforderliche Meldungen und Benachrichtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) abzusetzen, freie Praxistermine und Termine für telemedizinische Leistungen an die Terminservicestellen melden und deren Buchung ermöglichen oder ambulante und klinische Anwendungs- und Datenbanksysteme anzuschließen. Dazu sind die entsprechenden Schnittstellen (Interfaces) in die Primärsysteme der Leistungserbringer zu integrieren. Die Anforderungen an die Schnittstellen ergeben sich aus dem Interoperabilitätsverzeichnis (§ 385 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5) des Kompetenzzentrums der Gesellschaft für Telematik (gematik). Die so entstehende Interoperabilität ermöglicht es, durch offene und einheitlich definierte Schnittstellen eine geänderte Software (z. B. aufgrund geänderter gesetzlicher Regelungen) in allen Systemen in gleicher Art und Weise anzupassen. Leistungserbringer können u. a. flexibel den Anbieter ihres Primärsystems wechseln.
2 Rechtspraxis
2.1 Schnittstellen für die Versorgung durch Ärzte, Zahnärzte oder Krankenhäuser (Abs. 1)
Rz. 3
Die Primärsysteme in der vertragsärztlichen Versorgung, in der vertragszahnärztlichen Versorgung und in Krankenhäusern sind mit bestimmten offenen und standardisierten Schnittstellen auszustatten.
Rz. 4
In das Primärsystem sind offene und standardisierte Schnittstellen zur systemneutralen Archivierung von Patientendaten sowie zur Übertragung von Patientendaten bei einem Systemwechsel zu integrieren (Nr. 1). Damit können Daten mit vertretbarem Aufwand systemneutral über einen langen Zeitraum elektronisch archiviert werden (BT-Drs. 18/5293 S. 52 f.). Dies ist von großer Bedeutung zur Erfüllung der berufsrechtlichen und vertragsärztlichen Aufbewahrungspflichten. Sowohl § 10 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte als auch § 57 Abs. 2 des Bundesmantelvertrags-Ärzte sehen vor, dass die ärztlichen Aufzeichnungen 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren sind. Einige gesetzliche Vorschriften enthalten darüber hinausgehende Aufbewahrungsfristen (z. B. Röntgenverordnung, Transfusionsgesetz). Die Aufbewahrungsfristen sind auch dann einzuhalten, wenn der Leistungserbringer sein elektronisches System wechselt oder seine Tätigkeit aufgibt.
Rz. 5
In Primärsystemen sind Schnittstellen für solche elektronische Programme zu integrieren, die
zugelassen sind (Nr. 2, 3). Bei den Festlegungen zu den offenen und standardisierten Schnittstellen (§§ 372, 373) sind die Vorgaben nach § 73 Abs. 9 und der zugehörigen Rechtsverordnung sowie der Rechtsverordnung nach § 14 Abs. 8 Satz 1 IfSG zu berücksichtigen.
Rz. 5a
Zahnärzte sind davon befreit, in ihrer Praxissoftwar...