Rz. 47
Die Familienversicherung der Angehörigen hängt von Einkommensgrenzen ab. Diese Einkommensgrenze ist dynamisch ausgestaltet und beträgt für die Familienversicherung 1/7 der Bezugsgröße des § 18 SGB IV. Ursprünglich stand dieser Wert im engen Zusammenhang mit der Geringfügigkeitsgrenze für Arbeitsentgelt und war damit begründet worden, dass bei einem Gesamteinkommen, das als Arbeitsentgelt zur Versicherungs- und Beitragspflicht führen würde, ein Anspruch auf Familienkrankenhilfe nicht bestehen soll (vgl. BT-Drs. 8/1734 S. 34). Dieser Zusammenhang zwischen geringfügiger Beschäftigung und Anspruch auf Familienversicherung wegen geringem eigenem Arbeitsentgelt war bereits durch die Festbetragsgrenze von 325,00 EUR/630,00 DM (seit 1.4.2003 400,00 EUR, seit 1.1.2013 450,00 EUR) für die Geringfügigkeit (§ 8 SGB IV) ab 1.4.1999 aufgegeben worden. Desgleichen ergeben sich Abweichungen gegenüber den Tatbeständen der Krankenversicherungspflicht dahin gehend, als für die Einkommensgrenze auf das Gesamteinkommen abzustellen ist.
Rz. 48
Der Begriff des Gesamteinkommens bestimmt sich nach § 16 SGB IV als die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts und umfasst nach der Definition insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Das BSG räumt dabei in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil v. 22.5.2003, B 12 KR 13/02) dem Steuerrecht für die Ermittlung des Gesamteinkommens Vorrang ein, so dass es auf die nach Steuerrecht ermittelte Höhe der Einkünfte ankommt. Je nach Einkunftsart sind daher die Betriebsausgaben (bei Gewinnermittlung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) oder die Werbungskosten (bei Überschussermittlung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) als die tatsächlichen Bruttoeinkünfte mindernd zu berücksichtigen. Weitergehend hat das BSG (Urteil v. 22.5.2003, B 12 KR 13/02 R) nunmehr für die Frage des Gesamteinkommens sogar die Auffassung vertreten, dass neben den Werbungskosten auch der Sparer-Freibetrag von den Einkünften aus Kapitalvermögen abzuziehen sei.
Rz. 49
Für das Arbeitsentgelt ist aufgrund des Vorrangs des Steuerrechts nicht auf das in § 14 Abs. 1 SGB IV zugrunde gelegte Bruttoarbeitsentgelt, sondern auf den nach Steuerrecht maßgeblichen Betrag der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG) abzustellen, also die Einnahmen (Bruttoarbeitslohn) abzüglich der Werbungskosten. Werbungskosten sind dabei in tatsächlicher Höhe, ggf. mit dem steuerrechtlichen Pauschalbetrag (§ 9a EStG) von 1.230 EUR zu berücksichtigen.
Rz. 50
Aus dem Gesamteinkommensbegriff fallen wegen des Bezuges zum Steuerrecht alle nicht steuerbaren Einkünfte heraus. Dadurch gehören alle steuerbaren Einkünfte zum Gesamteinkommen. Dabei sind auch ausländische Einkünfte erfasst, die nicht der deutschen Einkommensteuerpflicht unterliegen (vgl. BSG, Urteil v. 29.6.2021, B 12 KR 2/20 R). Unterhaltsleistungen zwischen getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern, die der Gebende als Sonderausgaben abziehen kann (§ 10 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 EStG), wenn der Nehmende diese als sonstige Einkünfte (§ 22 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1a EStG) versteuert (Realsplitting), können daher eine Familienversicherung des ansonsten einkommenslosen Ehegatten oder Lebenspartner ausschließen (vgl. BSG, Urteil v. 3.2.1994, 12 RK 5/92). Eine monatlich gezahlte Abfindung, die die Gesamteinkommensgrenze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 übersteigt und als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 19 Abs. 1 und § 24 EStG einkommensteuerpflichtig ist, ist laut Rechtsprechung des BSG auch bereits nach alter Rechtslage, ungeachtet des Nichtvorliegens von Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV und der gesetzlichen Neuregelung zur Erfassung von Entlassungsentschädigungen durch Art. 1 Nr. 6 TSVG v. 6.5.2019, als Gesamteinkommen anzusehen und geeignet, die Familienversicherung auszuschließen (vgl. BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 10/04 R). Aufgrund des Vorrangs der steuerrechtlich zu ermittelnden Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) hat dabei auch eine Saldierung zwischen positiven und negativen Einkünften der verschiedenen Einkommensarten stattzufinden (Urteile des BSG v. 24.10.1978, 12 RK 53/76, und v. 26.10.1982, 3 RK 35/81). Konsequenterweise ist daher auch das Steuerrecht hinsichtlich der Zuordnung von Einkünften zu den einzelnen Personen maßgeblich, der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft rechtfertigt insoweit keine andere Zuordnung beim Gesamteinkommen (BSG, Urteil v. 10.11.1982, 11 RK 3/81). Für einen Betrieb als Gesamtgut bei einer ehelichen Gütergemeinschaft ist jedoch darauf abzustellen, wer daraus die Einkünfte erzielt, sei es durch Einsatz nennenswerten Kapitals oder eigener Arbeitsleistung (BSG, Urteile v. 10.11.1982, 11 RK 1/82, und 11 RK 2/82).
Rz. 51
Vor dem Hintergrund der früheren Rechtsprechung zum Vorrang des Steuerrechts, nach der Renten lediglich mit dem Ertragsanteil (§ 55 EStG) zum Gesamteinkommen gehörten (BSG, Urteil v. 20.6.1979, 5 RKn 7/78), wird im § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Halbsatz 2 nunme...