Rz. 14
Seit dem 1.1.2000 haben Importarzneimittel im Gesetz wieder eine rechtliche Grundlage (Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift), die allerdings zu gegebener Zeit überprüft werden soll, ob die gesetzliche Importregelung weiterhin sinnvoll ist (vgl. Abs. 1 Satz 10 und 11) oder ob sie unter Umständen wegfallen kann.
Es handelt sich um Arzneimittel, die von Importeuren im Ausland gekauft und nach Deutschland importiert werden. Zum Teil handelt es sich um Arzneimittel, die in Deutschland hergestellt sind und die reimportiert werden. Der Importeur trägt dafür Sorge, dass diese Importarzneimittel nach den Bedingungen des deutschen Arzneimittelgesetzes in den Verkehr kommen und insbesondere Beipackzettel über die Arzneimittelanwendung in deutscher Sprache enthalten. Die Gründe, warum namensgleiche, in der Bundesrepublik hergestellte und reimportierte Fertigarzneimittel dennoch oftmals preisgünstiger sind als die hier ausgelieferten Arzneimittel, sind vielfältig und vielschichtig. Ein Hauptgrund ist, dass in einigen Ländern die Arzneimittelpreise staatlich festgelegt sind und deutsche Hersteller mit Blick auf ihre Gesamtproduktion und -kalkulation auch unter Inkaufnahme geringerer Gewinnmargen auf diesen ausländischen Märkten präsent sein wollen. Ein weiterer Grund ist, dass in vielen europäischen Staaten Arzneimittel mit geringeren Steuern belastet sind als in Deutschland, wo i. d. R. 19 % Mehrwertsteuer erhoben werden. Der Reimporteur nutzt diese Situation zu seinen Gunsten und auch zum Vorteil der gesetzlichen Krankenkassen. Er profitiert davon, dass er den Abgabepreis importierter Arzneimittel im Bundesgebiet frei bestimmen darf und insoweit die gleiche Rechtsstellung besitzt wie ein deutscher pharmazeutischer Unternehmer. Ausgehend vom Abgabepreis ist in Deutschland die Preisgestaltung durch die Arzneimittelpreisverordnung vorgegeben, indem Höchstzuschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers oder Importeurs für den Großhandel und Festzuschläge auf den Abgabepreis des Großhandels für den Einzelhandel (Apotheken) gelten. Damit ist ein Preiswettbewerb auf der Einzelhandelsstufe bei ein und demselben deutschen Medikament zwar ausgeschlossen, er kommt aber vor zwischen inländischen und identischen Importarzneimitteln oder Originalpräparaten und Generika.
Importierte Arzneimittel sind Arzneimittel, die
- nach dem Arzneimittelgesetz unter Bezugnahme auf ein deutsches Referenzprodukt (Bezugsarzneimittel) zugelassen sind oder als zugelassen gelten,
- in den Preis- und Produktinformationen des Rahmenvertrages angegeben sind,
- die mit dem Bezugsarzneimittel in Wirkstoffstärke und Packungsgröße identisch sowie in der Darreichungsform therapeutisch vergleichbar sind (Re- und Parallelimporte),
- die den Anforderungen des SGB V entsprechen.
Mit Wirkung zum 16.8.2019 ist durch Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 die Regelung zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln neu gefasst worden. Der bisher festgelegte Preisabstand, bei dem die Verpflichtung zur Abgabe preisgünstiger importierter Arzneimittel bestand, ist durch einen differenzierten Preisabstand abgelöst worden. Unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3a und 3b muss bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100,00 EUR der Preisabstand mindestens 15 % betragen, bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100,00 EUR bis einschließlich 300,00 EUR mindestens 15,00 EUR und bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis über 300,00 EUR mindestens 5 %.
Nach der Gesetzesbegründung besteht bei hochpreisigen Arzneimitteln, die zunehmend in der Arzneimittelversorgung eine Rolle spielen, kein ausreichender Anreiz, eine über 15,00 EUR liegende Preisvergünstigung beim Einkauf eines Arzneimittels im Ausland durch einen importierenden pharmazeutischen Hersteller als Einsparung an die gesetzliche Krankenversicherung weiterzugeben. Zudem führt bei hochpreisigen Arzneimitteln die bisherige Regelung zu einem absoluten Preisabstand, der als relativ gering anzusehen ist gegenüber dem absoluten Preisabstand bei günstigeren Arzneimitteln. Auch der Bundesrechnungshof hatte in einem Prüfbericht im Jahr 2014 u. a. zu den Regelungen zu Importarzneimitteln die Höhe des absoluten Preisabstandes von 15,00 EUR zwischen Import- und Bezugsarzneimittel kritisiert.
Die Importregelung steht aber in Zukunft insgesamt auf dem Prüfstand. Der Bundesrat hatte bereits bei der Anhörung zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung bereits darauf hingewiesen, dass die Importregelung inzwischen durch die Einführung der Nutzenbewertung und Preisbildung von neuen Arzneimitteln deutlich an Bedeutung verloren hat und inzwischen eine nicht mehr erforderliche bürokratische Doppelregulierung mit vergleichsweise nur noch geringem Einsparpotential darstellt. Der durch komplexe Vertriebswege gekennzeichnete Parallelhandel sei nach Beobachtungen der Strafverfolgungsbehörden sowie der für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Behörden von einer zunehmend...