Rz. 9
Weitere unverzichtbare Voraussetzung ist nach Nr. 3 eine bestehende Ehe zwischen den Personen, die Maßnahmen nach § 27a in Anspruch nehmen wollen. Dies sah der Gesetzgeber als notwendig an, weil die völlige oder teilweise Gleichstellung nicht Verheirateter mit Ehepaaren im Rahmen künstlicher Befruchtung mit dem verfassungsrechtlichen Schutzanspruch von Ehe und Familie mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sei (BR-Drs. 535/88 Anl. S. 21). Die nichteheliche Lebensgemeinschaft unterscheidet sich von den Ehen derart, dass ihre Nichtberücksichtigung keinen Verstoß gegen Art. 3 GG darstellt. Weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Beziehung besteht insoweit eine Rechtsgemeinschaft; vgl. zur unterschiedlichen Behandlung bei Anwendung der Sperrzeitregelungen des AFG (BSG, SozR 4100 § 119 Nr. 33, NJW 1989 S. 3036). Maßgeblicher Zeitpunkt der ehelichen Verbindung ist der der Entscheidung über die Einleitung der Befruchtungsmaßnahmen. Später eintretende Veränderungen sind unwesentlich. Abs. 1 Nr. 4 setzt voraus, dass ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (sog. homologe Befruchtung).
Rz. 9a
Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass § 27a Abs. 1 Nr. 3 die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung auf Personen beschränkt, die miteinander verheiratet sind (BVerfG, Urteil v. 28.2.2007, 1 BvL 5/03).
Rz. 10
§ 27a knüpft nicht an einen regelwidrigen Zustand bei einem versicherten Ehegatten, sondern an die Unfruchtbarkeit des Ehepaares an. Das BSG hat in 2 Entscheidungen v. 3.4.2001 (BSGE 88 S. 51 ff.; 62 ff. = SozR 3-2500 § 27a Nr. 2 und 3) zum Ausdruck gebracht, dass die Bindung des Anspruchs auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung an einen regelwidrigen Gesundheitszustand des Versicherten sich mit der Leistungszusage in § 27a Abs. 1 nicht vereinbaren ließe, denn sie hätte zur Folge, dass der gesunde Partner die Kosten der Maßnahmen, die bei ihm erbracht werden, selbst tragen müsste. Es könne jedoch ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber die an dem gesunden Partner notwendig vorzunehmenden medizinischen Maßnahmen von der Leistungspflicht der Krankenversicherung habe ausnehmen wollen. Gegenteiliges ließe sich auch der Regelung in § 27a Abs. 3 nicht entnehmen. Die Vorschrift begrenze zwar die Leistungszuständigkeit der einzelnen Krankenkasse, besage aber nicht, dass die bei dem anderen Ehegatten durchzuführenden Leistungen nicht Gegenstand der Versicherung wären. Vielmehr werde lediglich die Kostenlast zwischen den beteiligten Kassen aufgeteilt. Seien beide Eheleute gesetzlich versichert, könnten sie zusammen die Übernahme aller zur Herbeiführung der Schwangerschaft notwendigen medizinischen Leistungen verlangen, ohne dass es darauf ankomme, bei wem die Ursache für die Kinderlosigkeit zu suchen sei. Daraus ergebe sich als Konsequenz, dass (auch) der gesunde Ehegatte gegen seine Kasse einen Anspruch erwerbe, obwohl bei ihm keine behandlungsbedürftige Störung bestehe und ein entsprechender Versicherungsfall mithin nicht eingetreten ist. Daraus folge, dass bei ungewollter Kinderlosigkeit grundsätzlich jeder Ehegatte gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf alle zur Herbeiführung einer Schwangerschaft notwendigen Maßnahmen habe und nur die in § 27a Abs. 3 genannten "Nebenleistungen" bei dem anderen Ehegatten hiervon ausgenommen seien. Seien beide Eheleute gesetzlich krankenversichert, müsse allerdings die zuständige Krankenkasse bestimmt werden, weil die Leistungen im Ergebnis nur einmal beansprucht werden können. Da sich die Einzelansprüche der Eheleute bei dieser Konstellation lückenlos zu einem Anrecht des Paares auf alle für die künstliche Befruchtung notwendigen Leistungen ergänzten, müsse sich die Kassenzuständigkeit nicht zwangsläufig nach der Ursache der Fruchtbarkeitsstörung richten, sondern könne auch nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bestimmt werden. Es könne für diese Fälle die auf dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen v. 29.6.1990 (WzS 1990 S. 308) basierende und auch in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung v. 14.8.1990 (BABl 12 S. 21 unter Ziff. 3) vorgesehene Verfahrensweise gebilligt werden, unabhängig von den Ursachen der Kinderlosigkeit grundsätzlich alle extrakorporalen Maßnahmen kostenmäßig der Kasse der Frau zuzuordnen, bei der die Schwangerschaft eintreten soll. Die Leistungsansprüche der Ehegatten würden dadurch aber nicht berührt, sodass die Kasse ihrem Versicherten grundsätzlich nicht entgegenhalten könne, die Kosten der In-vitro-Fertilisation und der Spermainjektion müssten von der Versicherung des anderen Ehegatten getragen werden. Das gelte namentlich dann, wenn nur der eine Ehegatte Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse und der andere privat versichert sei.