Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 40
Mit der Zahlung der Gesamtvergütung sind alle Vergütungsansprüche der KVen für die vertragsärztliche Versorgung abgegolten (Abs. 1). Der Anspruch auf Gesamtvergütung kann auch durch Aufrechnung der Krankenkassen erlöschen. Die befreiende Wirkung schützt die Krankenkassen vor Nachforderungen (vgl. BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R). Anspruchsinhaber auf Zahlung der Gesamtvergütung sind die jeweiligen K(Z)Ven. Anspruchsgegner sind die Krankenkassen, deren Mitglieder nach dem Wohnortprinzip im Bezirk der jeweiligen KZV ihren Wohnsitz haben. Mit dem Abschluss der Gesamtvergütung können Nachforderungen lediglich nach § 59 SGB X gegenüber den Vertragspartnern erhoben werden (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 85 Rz. 3). Eine Sonderregelung ist § 87a Abs. 3 Satz 4, bei der es sich um einen nicht vorhersehbaren Anstieg aus einem bei der Vereinbarung nicht voraussehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs handelt. Die KZVen nehmen die Ansprüche nicht als Vertreter der bei ihnen organisierten Ärzte oder Zahnärzte wahr. Das bedeutet, dass die Ansprüche aus eigenem Recht bestehen (BSG, Urteil v. 10.5.1995, 6 RKa 18/94). Die Gesamtvergütung stellt bei der allein anspruchsberechtigten Krankenkasse keinen Verrechnungsposten dar, den sie wie private Verrechnungsstellen an die beteiligen Ärzte weiterleiten (Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 85). Aus alledem folgt, dass die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte keine Ansprüche an die Krankenkassen stellen können. Sie müssen sich an die K(Z)Ven halten, die diese Vergütungsansprüche aus der ihnen gezahlten Gesamtvergütung zu befriedigen haben (Hess, in: BeckOGK, SGB V, § 85 Rz. 13). Die Erfüllung erstreckt sich auch auf Dritte, also sind Ansprüche von Leistungserbringern ebenfalls ausgeschlossen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 sind auf das Ausgabevolumen anzurechnen (Abs. 2 Satz 8).
Rz. 41
In welchem Zeitrhythmus die Vergütung an die Ärzte verteilt wird, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Hingenommen wird die quartalsweise Abrechnung (vgl. dazu BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 6 KA 19/04 R; BSG, Urteil v. 13.8.2014, B 6 KA 6/14 R; Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 85 Rz. 45), weil den KVen insoweit ein Ermessensspielraum einzuräumen ist. Die zitierte Rechtsprechung hat es akzeptiert, dass trotz fehlender gesetzlicher Regelung Ausschlussfristen gesetzt werden können. Möglich sind auch monatliche Abschlagszahlungen (Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 86). Wesentliche Bestandteile des Gesamtvertrages sind Regelungen über die Berechnungsart und Höhe der Gesamtvergütung (Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 49). Den Vertragspartnern wird ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, was bedeutet, dass eine isolierte Prüfung einzelner Bestimmungen der Gesamtvergütungsvereinbarung nicht zulässig ist (BSG, Urteil v. 5.11.2008, B 6 KA 55/07 R; BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 33/11 R). Diese Entscheidung des BSG besagt auch, dass eine Krankenkasse einen Anspruch auf teilweise Erstattung nur bei Nichtigkeit einer Vergütungsregelung hat. Unterschiedliche Auslegungen der Gesamtvergütung stellen keinen solchen Nichtigkeitsgrund dar.
Rz. 42
§ 75 Abs. 1 Satz 4 gibt den Krankenkassen ein Zurückbehaltungsrecht. Eine Verjährung tritt 4 Jahre nach Ende des Kalenderjahres ein, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 45 SGB I, § 113 Abs. 1 SGB X analog, vgl. dazu Freudenberg, a. a. O., Rz. 50).