Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 26
Der einheitliche Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM) bildet die Grundlage für die Leistungsabrechnung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren, ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Berufsausübungsgemeinschaften, angestellte Ärzte nach § 95 Abs. 9 Satz 1 oder § 103 Abs. 4b, ermächtigte Krankenhausärzte, ermächtigte ärztlich oder psychotherapeutisch geleitete Einrichtungen oder Nichtvertragsärzte für Notfallbehandlungen. Er ist ein wesentliches Element, Anreize zu setzen im Hinblick auf den Umfang und die Struktur der Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen.
Rz. 27
Das BSG hat (Urteil v. 9.12.2004, B 6 KA 44/03 R) mit einer ausführlichen Begründung festgestellt, dass die Ermächtigungsgrundlagen des SGB V für die Honorarverteilungsmaßstäbe der KV und den einheitlichen Bewertungsmaßstäben für vertragsärztliche Leistungen dem Parlamentsvorbehalt und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügen. Die Partner der Bundesmantelverträge verfügten über eine ausreichende demokratische Legitimation zur untergesetzlichen Normsetzung. Die gesetzlich vorgegebenen Strukturen des vertragsärztlichen Vergütungssystems seien mit dem Grundrecht des einzelnen Vertragsarztes aus Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
Rz. 28
Die auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 Satz 1 beschlossenen Bewertungsmaßstäbe sind Normsetzungsverträge (vgl. BSG, Urteil v. 12.12.2012, B 6 KA 3/12 R). Sie können darauf hin überprüft werden, ob sie mit höherrangigem Recht in Einklang stehen, und sie dürfen weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoßen. Die Entscheidungen des erweiterten Bewertungsausschusses sind vom BSG (Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R; Urteil v. 13.8.2014, B 6 KA 5/14 R) gegenüber den Institutionen als Verwaltungsakte und gegenüber Dritten als Rechtsnormen eingeordnet worden. Die Verbindlichkeit der Bewertungsmaßstäbe ergibt sich daraus, dass sie Bestandteil des Bundesmantelvertrages sind (Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 87 Rz. 94). Verbindlich werden sie erst mit der Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet (Abs. 6 Satz 10). Klarstellend ist festzuhalten, dass es sich bei dem EBM nicht um eine Gebührenordnung handelt.
Rz. 29
Als Rechtsnormen ist eine echte Rückwirkung der Bewertungsmaßstäbe nicht zulässig (BSG, Urteil v.17.9.1997, 6 RKa 36/97). Da es sich bei den Bewertungsmaßstäben um Rechtsnormen handelt, sieht das SGG hierfür keine unmittelbare gerichtliche Überprüfung vor, weil es im SGG kein Normenkontrollverfahren gibt. Es bleibt lediglich die Möglichkeit einer gerichtlichen Inzidentprüfung.