Rz. 38

Mit der am 1.8.1999 in Kraft getretenen Regelung des Abs. 6 soll sichergestellt werden, dass das Pflegegeld nicht nur dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch der Pflegeperson, die die häusliche Pflege nicht geschäftsmäßig übernommen hat, möglichst in voller Höhe erhalten bleibt. Ohne diese neue gesetzliche Regelung blieb in der Vergangenheit das Pflegegeld bei der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen im Zweifel stets einer richterlichen Entscheidung vorbehalten. So wurde im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung das vom Pflegebedürftigen an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld zu einem erheblichen Teil als Vergütung der Pflegeperson bewertet und als Einkommen berücksichtigt. Nunmehr wird z. B. bei einer geschiedenen Ehefrau nicht mehr der Unterhaltsanspruch gegenüber dem geschiedenen Ehemann gemindert, wenn sie für die Pflege des gemeinsamen, behinderten und pflegebedürftigen Kindes Pflegegeld erhält (vgl. auch BGH, Urteil v. 1.3.2006, XII ZR 157/03, NJW 2006 S. 2182).

 

Rz. 39

Satz 2 des Abs. 6 sieht aber einige Ausnahmen von der Nichtanrechenbarkeit vor. So gilt die Einschränkung von Satz 1 beispielsweise dann nicht, wenn es um die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern geht. Eltern sind nämlich verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (§ 1603 Abs. 2 BGB). Dazu gehört auch das Pflegegeld. Als Kinder im vorstehenden Sinne gelten minderjährige und unverheiratete Kinder. Diesen stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Die genannte Verpflichtung der Eltern tritt allerdings nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Gleiches gilt gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamm seines Vermögens bestritten werden kann.

Geht es um den Anspruch auf den sog. notdürftigen Unterhalt (§ 1611 BGB), so wird das Pflegegeld ebenfalls als Einkunft berücksichtigt. Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

Unter Billigkeitsgesichtspunkten erlaubt Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 die Anrechnung des weitergeleiteten Pflegegeldes im Übrigen, wenn ein Tatbestand des § 1579 BGB oder des § 1361 Abs. 3 BGB i. V. m. § 1579 BGB erfüllt ist.

 

Rz. 40

Nach Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 wird das Pflegegeld jedoch für Unterhaltsansprüche der Pflegeperson berücksichtigt, wenn von dieser erwartet werden kann, ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte zu decken, und der Pflegebedürftige mit dem Unterhaltspflichtigen nicht in gerader Linie verwandt ist.

 

Beispiel 1:

Eine geschiedene Ehefrau (Pflegeperson) pflegt den Vater ihres geschiedenen Ehemannes. Gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann hat sie Unterhaltsansprüche. Für die Pflege ihres Schwiegervaters erhält sie Pflegegeld. Von der Frau (Pflegeperson) kann ansonsten erwartet werden, dass sie ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte decken kann.

Frage:

Wird das Pflegegeld als Einkommen insoweit berücksichtigt, als sich dieses mindernd auf ihre Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann auswirkt?

Antwort:

Das Pflegegeld wirkt sich nicht mindernd aus. Es wird zwar erwartet, dass die geschiedene Ehefrau ansonsten ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Einkünfte sicherstellen kann, jedoch ist der Pflegebedürftige (Schwiegervater) mit dem Unterhaltspflichtigen (Sohn/geschiedener Ehemann) in gerader Linie verwandt (§ 1589 BGB).

 

Beispiel 2:

Eine geschiedene Ehefrau (Pflegeperson) pflegt ihren Vater. Gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann hat sie Unterhaltsansprüche. Für die Pflege ihres Vaters erhält sie Pflegegeld. Von der Frau (Pflegeperson) kann ansonsten erwartet werden, dass sie ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte decken kann.

Frage:

Wie im Beispiel 1.

Antwort:

Das Pflegegeld wirkt sich mindernd aus. Es wird erwartet, dass die geschiedene Ehefrau ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Einkünfte sicherstellen kann, und der Pflegebedürftige (Vater) ist nicht mit dem Unterhaltspflichtigen (geschiedener Ehemann) in gerader Linie verwandt. Der Vater der Pflegeperson ist hingegen mit dem Unterhaltspflichtigen verschwägert (§ 1590 BGB).

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