Leitsatz
Die Berücksichtigung von Vorsorgeaufwand gemäß § 10a Abs. 1, 2 EStG setzt einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus, der in Form einer Anlage AV als amtlicher Erklärungsvordruck gestellt werden muss. Es besteht keine zwingende Verpflichtung der Finanzbehörde im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO allein aufgrund der Datenübermittlung den Sonderausgabenabzug zu gewähren. Die an die Finanzbehörde übermittelten Daten gemäß § 10a Abs. 5 EStG stellen keinen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO für Zwecke des Vorsorgeabzuges dar.
Sachverhalt
Die Kläger beantragten die Änderung des Est-Bescheides für das Jahr 2012 mit der Begründung, das Finanzamt habe für das Jahr 2012 weder die Beiträge für den Riester-Vertrag berücksichtigt, noch die staatliche Altersvorsorgezulage gewährt. Die für die Berücksichtigung erforderlichen Daten seien von der Versicherung an das Finanzamt gemeldet worden. Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag ab, da eine Berücksichtigung der Riester-Beiträge mangels Vorlage einer Anlage AV nicht erfolgen könne und der Bescheid bereits bestandskräftig sei. Dagegen erhoben die Kläger Klage. Es liege eine offenbare Unrichtigkeit vor. Das Finanzamt habe sich einen Fehler der Kläger zu Eigen gemacht. Aus § 10a EStG ergebe sich auch nicht, dass eine Anlage AV hätte abgegeben werden müssen.
Entscheidung
Das Finanzamt hat die von den Klägern begehrte Berichtigung nach § 129 AO zu Recht abgelehnt, da es bereits an der Unrichtigkeit des Veranlagungsverhaltens des Finanzamts fehlt. Gemäß § 10a Abs. 1, 2 EStG können Altersvorsorgebeiträge im Sinne des § 82 EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Ohne Antrag muss das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung jedoch keinen Sonderausgabenabzug gewähren. Selbst wenn die Nichtbeantragung des Abzuges des Vorsorgeaufwands durch die Kläger auf einem vom Finanzamt übernommenen Versehen der Kläger beruhen sollte, so kann nicht unterstellt werden, das Finanzamt habe dieses Versehen als eigenen Fehler übernommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Finanzamt die Einkommensteuerveranlagung bewusst ohne Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgebeiträge im Sinne des § 10a Abs. 1, 2 EStG vorgenommen hat, weil keine Anlage AV der Kläger vorgelegen hat. Auch insoweit fehlt es demnach an einem mechanischen Fehler seitens des Finanzamts. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet ebenfalls aus, da dem Finanzamt der "neue" Antrag erst durch grobes Verschulden der Kläger nachträglich bekannt geworden ist.
Hinweis
Außerdem hat das FG entschieden, dass sich die Zertifizierung eines Altersvorsorgevertrages gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 EStG als Grundlagenbescheid nur darauf beschränkt, das für einen Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG notwendige Vorliegen der Voraussetzungen im Sinne der §§ 1, 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes festzustellen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil v. 15.05.2020, 5 K 2350/19