a) Entscheidungssachverhalt
In dem weiteren vom BFH entschiedenen Fall ging es um folgenden (verkürzt) wiedergegeben Sachverhalt:
In dem Streitfall ging es um eine Organgesellschaft i.S.d. § 14 Abs. 1 KStG (M-GmbH), die mit Wirkung zum 31.12.2014 diverse einzelne Wirtschaftsgüter – nämlich die für den Betrieb eines Gasnetzes erforderlichen Anlagen einschließlich zugehöriger Rechte und Pflichten – gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine 100%ige Tochter GmbH & Co. KG (T- KG) einbrachte. Die Übertragung erfolgte zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG. Kurze Zeit später – Ende September 2015 – veräußerte die M-GmbH 51 % ihrer Anteile an der T-KG vollentgeltlich an die Z-GmbH & Co. KG (Z-KG), an deren Vermögen wiederum acht Kommanditisten in der Rechtsform der GmbH beteiligt waren.
Der Besteuerungssachverhalt und die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht:
Im Anschluss an eine durchgeführte Außenprüfung wurde streitig, ob es aufgrund der Anteilsveräußerung an die Z-KG im Jahr 2015 – bezogen auf die vorangegangene Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG – zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG im Umfang von 51 % gekommen war, weil hierdurch jeweils ein Anteil der an der Z-KG beteiligten GmbHs hinsichtlich der innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist übertragenen Anlagegegenstände mittelbar begründet wurde und deshalb rückwirkend mit dem Teilwert anstelle des Buchwerts gewinnerhöhend anzusetzen sei.
b) Entscheidung des BFH
Teleologische Reduktion, wenn Beteiligungserwerb vollentgeltlich erfolgt: Der XI. Senat des BFH bestätigt die vorinstanzliche Entscheidung des FG Münster und hat im Wege der teleologischen Reduktion entschieden, dass ein rückwirkender Teilwertansatz wegen eines Sperrfristverstoßes nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG
- bei einer vollentgeltlichen Anteilsübertragung
- unter vollständiger Aufdeckung der stillen Reserven
ausscheidet, denn die Vorschrift sei dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie gerade die ansonsten unbesteuerte Verlagerung stiller Reserven auf ein Körperschaftsteuersubjekt erfasst.
Der BFH nennt im Folgenden die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion. Danach ist diese rechtsmethodisch dann zugelassen,
- wenn eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und
- der Schluss gerechtfertigt ist, dass der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt ist.
Umgekehrt kommt eine teleologische Reduktion dann nicht in Betracht, wenn eine bewusste rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers erkennbar ist. In diesem Zusammenhang verweist der XI. Senat auf die Rechtsprechung des I. und IV. Senats des BFH zur teleologisch reduzierten Anwendung der Sperrfristenregelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG i.R.d. sog. Ein-Personen-GmbH & Co. KG und bei fehlender ergänzungsbilanzieller Zuordnung stiller Reserven.
Wortlaut des Gesetzes sieht an sich den rückwirkenden Teilwertansatz vor: Bei einer reinen Wortlautbetrachtung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG ist dieser im vorliegenden Fall erfüllt. Durch die Veräußerung des (Teil-)Mitunternehmeranteils an die Z-KG wurde erstmals mittelbar ein Anteil der an der Z-KG beteiligten Körperschaften an den übertragenen Einzelwirtschaftsgütern begründet. Der BFH führt aus, dass unter einem "Anteil" i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG im Grundsatz die unmittelbare oder mittelbare vermögensmäßige Beteiligung eines zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert übertragenen Wirtschaftsguts gemeint ist.
Der BFH kommt jedoch zu dem Schluss, dass im Streitfall eine teleologische Reduktion geboten ist. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG soll nämlich nicht nur das Überspringen stiller Reserven auf Körperschaftsteuersubjekte verhindern. Es soll vielmehr auch "generell das Verfügen über Wirtschaftsgüter ohne Teilwertrealisation durch Verkäufe von Anteilen an Kapitalgesellschaften unter Nutzung der Vorteile, die durch die Umstellung auf das Teileinkünfteverfahren entstehen" vermieden werden. Werden jedoch – wie im vorliegenden Fall – aufgrund der Entgeltlichkeit der Anteilsveräußerung die stillen Reserven der übertragenen Wirtschaftsgüter aufgedeckt – und damit gerade nicht auf ein anderes Körperschaftsteuersubjekt übertragen –, ist der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG nicht eröffnet. Beachten Sie: Ob die Grundsätze der Entscheidung auch die Fälle der teilentgeltlichen Übertragung anzuwenden sind, bleibt offen.
Keine Anwendung der Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 S. 5 EStG: In der Urteilsbegründung geht der BFH zunächst auf die Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 S. 5 EStG ein und stellt fest, dass diese keine Anwendung findet. Die Begründung hierfür ist, dass durch die Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter nach Satz 3 du...