Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 38
Bei der bis 2008 geltenden Bedarfsbewertung richtete sich die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes nach der Anzahl der Jahre, die seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Bewertungsstichtag vollendet worden sind (§ 146 Abs. 4 BewG). Dennoch durfte die Anzahl der Jahre im Ergebnis aus Vereinfachungsgründen aufgerundet werden. Dies stellte Tz. 53 Abs. 1 Satz 2 der gleich lautenden Erlasse vom 2.4.2007 sicher, wonach keine Bedenken bestanden, zu Gunsten des Steuerzahlers als Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit stets den 1.1. des Jahres der Bezugsfertigkeit anzunehmen. Somit konnte bei der Ermittlung der für die Wertminderung wegen Alters maßgebenden Anzahl der Jahre stets die Differenz zwischen dem Jahr der Bezugsfertigkeit und dem Jahr des Bewertungsstichtags gebildet werden.
Rz. 39
Diese Vereinfachungsregelung sollte offenbar in die ab 2009 geltenden Verwaltungsregelungen übernommen werden, denn nach der Formulierung des Abschn. 23 Abs. 1 Satz 2 GV-Erlass vom 5.5.2009 bestehen auch für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 "keine Bedenken, als Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit stets den 1.1. des Jahres der Bezugsfertigkeit anzunehmen". Der Wortlaut dieser Vereinfachungsregelung hatte jedoch Fragen aufgeworfen.
Rz. 40
Bisher konnte mit der fiktiven Bezugsfertigkeit am 1.1. sichergestellt werden, dass stets volle Jahre bei der Berechnung der Wertminderung wegen Alters berücksichtigt wurden. Mit der Anweisung in Abschn. 23 Abs. 1 Satz 2 GV-Erlass vom 5.5.2009 ist jedoch die Restnutzungsdauer zu ermitteln. Sie ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer aus Anlage 22 zum Bewertungsgesetz und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag.
Rz. 41
Die Gesamtnutzungsdauer der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz umfasst stets volle Jahre. Das Alter des Gebäudes richtet sich nach der Differenz zwischen dem Bewertungsstichtag und dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Das Alter des Gebäudes umfasst daher i.d.R. keine vollen Jahre. Rechnerisch ergibt sich auch kein anderes Ergebnis, wenn von einer fiktiven Bezugsfertigkeit am 1.1. des Jahres der Bezugsfertigkeit ausgegangen wird.
Rz. 42
Vom Sinn der Vereinfachungsregelung muss also unterstellt werden, dass bei Berechnung des Alters des Gebäudes auf volle Jahre aufgerundet werden darf.
Beispiel
Ein Gebäude ist am 1.4.2018 bezugsfertig geworden. Das Grundstück soll am 1.3.2019 bewertet werden.
Obwohl das Gebäude noch kein ganzes Jahr alt ist, sondern nur 11 Monate, beträgt das Alter des Gebäudes unter der Berücksichtigung der Vereinfachungsregel ein volles Jahr. Obwohl mit Abschn. 23 Abs. 1 Satz 2 GV-Erlass vom 5.5.2009 als Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit 1.1. des Jahres der Bezugsfertigkeit angenommen werden kann, darf dies nicht dazu führen, dass ein Alter von zwei Jahren zu Grunde gelegt werden könnte. Auch die Berücksichtigung eines Alters von 15 Monaten würde nicht zu einer Vereinfachung der Berechnung beitragen.
Rz. 43
Mit R B 185.3 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011 ist die Vereinfachungsregelung klarer gefasst worden. Nach der geänderten Regelung bestehen aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, das Alter des Gebäudes durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (Baujahr) vom Jahr des Bewertungsstichtags zu bestimmen. Die Formulierung wird in R B 185.3 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019 übernommen.
Rz. 44
Einstweilen frei.