Rz. 1030.36
Zeitgleich mit der Erweiterung des Kreises der in § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG erfassten Personenvereinigungen um die zur Körperschaftsbesteuerung optierenden Gesellschaften i.S.v. § 1a Abs. 1 KStG durch Art. 7 KöMoG vom 25.6.2021 dehnte der Gesetzgeber den Kreis der von § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG umfassten Personenmehrheiten durch Art. 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze (Steueroasen-Abwehrgesetz – StAbwGEG) v. 25.6.2021 ebenfalls mit Wirkung ab 1.7.2021 nochmals aus, und zwar um die Gesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG mit (statuarischem) Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung (= Verwaltungssitz) sich im Inland befindet, und die nach inländischem Gesellschaftsrecht (d.h. nach den Regelungen des Internationalen Privatrechts – IPR) als Personengesellschaft zu behandeln sind, "wenn sie ihrer Tätigkeit nach einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, des § 15 Absatz 3 oder des § 18 Absatz 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechen ..."
Rz. 1030.37
In der hierzu dokumentierten amtlichen Begründung dieser Gesetzeserweiterung heißt es unter anderem:
„Zu den Art. 9 und 10 – neu – (Änderung des Bewertungsgesetzes und Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)
Allgemeines
Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht besteuert insbesondere den Erwerb von Todes wegen sowie Schenkungen unter Lebenden und knüpft an zivilrechtliche Vorgänge an. Der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird dasjenige unterworfen, was der Erwerber zivilrechtlich zugewendet bekommen hat. Bei Erwerben mit Auslandsberührung hängt die dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vorgeschaltete Frage nach dem Erwerbsgegenstand von dem nach den nationalen Kollisionsregeln des internationalen Privatrechts maßgeblichen anzuwendenden Recht ab.
Werden ausländische Gesellschaften erworben, richtet sich das anzuwendende Recht neben dem Erbstatut auch nach dem Gesellschaftsstatut. Findet nach den nationalen Kollisionsregeln des internationalen Privatrechts danach die Sitztheorie Anwendung, wird bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit einer Geschäftsleitung im Inland nach deutschem Recht eine Personengesellschaft erworben (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2008, II ZR 158/06, NJW 2009, 289).
Das Erbschaft- und Schenkungsteuer- sowie Bewertungsrecht knüpfen an diesen Erwerbsgegenstand an und können diesen nicht verändern. Nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht wird die zivilrechtliche Einordnung nicht ... mittels Typenvergleichs (siehe dazu aber unten) wieder rückgängig gemacht. Die erbschaft- und schenkungsteuer- sowie bewertungsrechtlichen Folgen richten sich in diesem Fall nach den Regelungen für Personengesellschaften.
Findet hingegen aufgrund von völkerrechtlichen Vereinbarungen die Gründungstheorie Anwendung, wird zivilrechtlich und damit auch erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft erworben, wenn es sich nach einem Typenvergleich aus deutscher Sicht um eine Kapitalgesellschaft handelt. In diesem Fall finden aus erbschaft- und schenkungsteuerlicher Sicht die Regelungen zum Erwerb einer Kapitalgesellschaft Anwendung.
Wird nach diesen Regeln eine Personengesellschaft erworben, knüpfen verschiedene Regelungen im Bewertungs- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht an die ertragsteuerliche Einordnung der Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz an. Bei den Kapitalgesellschaften erfolgt diese Bezugnahme zu der ertragsteuerlichen Einordnung der Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz nicht. Werden folglich Einkünfte von Personengesellschaften aus dem Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes herausgenommen und in Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz umqualifiziert, können Regelungslücken im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sowie im Bewertungsrecht entstehen. Dies gilt für Drittstaatskapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Geschäftsleitung im Inland, bei denen die Sitztheorie anzuwenden ist. Mit den Änderungen durch Art. 7a und 7b (Anm.: meint offensichtlich nunmehr Art. 9 und 10) sollen diese möglichen Regelungslücken geschlossen werden.”
Rz. 1030.38
Die hier zu erörternde Erweiterung des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG betrifft die (in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen) sog. Scheinauslandsgesellschaften. Darunter sind Gesellschaften i.S.v. § 1 Abs. 1 KStG mit statuarischem Sitz im Ausland und Geschäftsleitung (Verwaltungssitz) im Inland zu verstehen, die nach inländischem Gesellschaftsrecht als Personengesellschaft zu qualifizieren sind.
Trifft dies zu, sind sie aus den in der amtlichen Gesetzesbegründung (oben Rz. 1030.37) dargelegten Gründen ohne Rücksicht auf ihre ertragsteuerrechtlich aufgrund eines Rechtstypenvergleichs unter Umständen vorgenommene Einstufung als Kapitalgesellschaft bewertungs- sowie erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich als Personengesellschaft zu klassi...