Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
a) Größere Flexibilität der ImmoWertV
Rz. 116
Die ImmoWertV 2021 bietet bei der Bewertung von Grundstücken naturgemäß wesentlich mehr Spielräume als dies innerhalb des typisierten Bewertungsverfahrens nach dem Bewertungsgesetz der Fall ist. Deshalb ist vom Steuerzahler eine Bewertung nach dem Bewertungsgesetz dahin gehend zu prüfen, ob und ggf. welche Unterschiede bei der Erfassung der für die Wertfindung maßgebenden Grundstücksmerkmale bestehen.
Rz. 117
Nach der ImmoWertV kann neben dem allgemeinen Ertragswertverfahren auch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren sowie ein periodisches Ertragswertverfahren angewandt werden.
Rz. 118
Das periodische Ertragswertverfahren dient uA dazu, den Ertragswert bei periodisch unterschiedlich hohen Erträgen zu ermitteln. Somit kann auch ein erwarteter Leerstand beziehungsweise eine in Aussicht stehende Neuvermietung mit anderen Mietvertragskonditionen abgebildet werden. Dies ist bei einer Bewertung im Ertragswertverfahren nach §§ 184 ff. BewG nicht möglich, weil der Rohertrag des Grundstücks starr und typisierend als Entgelt definiert wird, das für die Benutzung des Grundstücks nach dem am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von 12 Monaten zu zahlen ist.
Rz. 119
Die Schwierigkeiten, die bei einem derart vorgeschriebenen Ansatz einer Sollmiete zu überwinden sind, wenn eine gestaffelte Miete mit mietfreien Zeiträumen im Rahmen des § 186 Abs. 1 BewG zu bestimmen ist, dürften nicht dazu beitragen, dass auch in diesen Sonderfällen Überbewertungen ausgeschlossen sind. Vielmehr ist in derartigen Fällen zu prüfen, ob mit den flexiblen Ausprägungen der verschiedenen Bewertungsmethoden innerhalb des Ertragswertverfahrens der ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 eine sachgerechtere Ermittlung des gemeinen Werts sinnvoll ist.
Rz. 120
Einstweilen frei
b) Bewirtschaftungskosten
Rz. 121
Für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 sind die Betriebskosten nach § 187 BewG stets nach Maßgabe der Anlage 23 zum Bewertungsgesetz zu berücksichtigen. Ein Ansatz von Erfahrungssätzen der Gutachterausschüsse oder von tatsächlichen Bewirtschaftungskosten ist ausgeschlossen. Dagegen richtet sich der Abzug der Bewirtschaftungskosten nach § 32 der ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 nicht nach derart pauschalen Wertansätzen, so dass insoweit eine individuelle Ermittlung innerhalb eines Gutachtens vorteilhaft sein kann.
Rz. 122
Die Bewirtschaftungskosten, die für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2023 in Anlage 23 zum Bewertungsgesetz ausgewiesen wurden, standen in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer und der Grundstücksart. Dabei wurden die Bewirtschaftungskosten ausschließlich mit Prozentsätzen ausgewiesen. Bei den zu berücksichtigenden Bewirtschaftungskosten wie beispielsweise die bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis muss eine ausschließliche prozentuale Abhängigkeit von der Miete keineswegs zwingend zu zutreffenden Ergebnissen führen.
Rz. 123
Das Mietausfallwagnis kann zwar in einem prozentual abhängigen Verhältnis stehen. Instandhaltungskosten beziehen sich regelmäßig jedoch auf die vermieteten Flächen und dürften sich häufig in einem absoluten Betrag pro Fläche beziffern lassen. Derartige Unterschiedlichkeiten können dazu führen, dass im Ergebnis der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts aus der Sicht des Steuerzahlers angezeigt ist.
c) Liegenschaftszinssätze
Rz. 124
Bewertungsunterschiede können sich häufig auch wegen der schematisch vorgegebenen Liegenschaftszinssätze des Bewertungsgesetzes ergeben. Zwar stellt § 188 Abs. 2 BewG vorrangig auf die Liegenschaftszinssätze ab, die vom Gutachterausschuss ermittelt worden sind. Stehen jedoch keine Liegenschaftszinssätze des Gutachterausschusses zur Verfügung, hat das Finanzamt die in § 188 Abs. 2 Nrn. 2–4 BewG genannten Liegenschaftszinssätze anzusetzen.
Rz. 125
Da der Liegenschaftszinssatz erhebliche Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis hat, sollte der vom Finanzamt festgestellte Grundbesitzwert hinsichtlich eines abweichenden Liegenschaftszinssatzes geprüft werden. Dies kann beispielsweise für Immobilien in den neuen Ländern wegen besonderer Marktverhältnisse verstärkt gelten. Im Übrigen kann man davon ausgehen, dass die Auswirkungen des Liegenschaftszinssatzes auf den Immobilienwert tendenziell umso gravierender sind, je länger die Restnutzungsdauer der Gebäude ist.
d) Mindestwert
Rz. 126
Bei einer Bewertung im Ertragswertverfahren nach dem Bewertungsgesetz ist nach § 184 Abs. 3 Satz 2 BewG mindestens der Bodenwert anzusetzen. Diese Mindestwertregelung soll für steuerliche Zwecke eine positive Bemessungsgrundlage typisierend auch bei Grundstücken mit geringen Erträgen oder einer hohen Verzinsung des Bodenwerts sicherstellen. Dies erspart komplizierte Berechnungen in d...